Wie gehen Anleger in der Krise mit Liquidität um?
Das Geldvermögen der Deutschen wächst und wächst. Doch auch in der Krise sollte das Geld nicht einfach auf dem Konto gehortet werden. Minizinsen, Strafgebühren und Inflation sind gefährlicher als temporäre Schwankungen an den Kapitalmärkten.
Die Jahre 2020 und 2021 werden als Corona-Jahre in die Geschichte eingehen – und 2022 leider nicht als das Jahr, in dem die Pandemie ihren Schrecken verliert, sondern in dem Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine führt und damit die Welt in eine schwere politische und wirtschaftliche Krise stürzt. Damit sind auch viele Erholungstendenzen für die Volkswirtschaften und Kapitalmärkte ad absurdum geführt. Die Indizes sind wegen der Krise zunächst auf Talfahrt gegangen wie das letzte Mal im März 2020. Die Erholung ab Mitte März muss ihre Substanz noch beweisen.
Trotz allem hat das Geldvermögen der Deutschen 2021 ein weiteres Rekordhoch erreicht. In Summe sind die privaten Haushalte so reich wie nie, wie die DZ Bank berechnet hat. Demnach dürfte ihr Geldvermögen im abgelaufenen Jahr um mehr als sieben Prozent auf den Rekordwert von fast 7,7 Billionen Euro zugelegt haben. Obwohl die Zahl der Aktionäre gestiegen ist, horten die Deutschen ihr Vermögen weiterhin gern auf Sparkonten. Das kommt einer Schädigung ihres Vermögens gleich. Minizinsen, Strafgebühren und Inflation kosten jedes Jahr viel Kaufkraft und sind gefährlicher als temporäre Schwankungen an den Kapitalmärkten.
Inflation lässt Vermögen schrumpfen
Die Berechnung ist einfach. Mehr als 500 deutsche Banken und Sparkassen verlangen Strafzinsen, die oftmals mehr als 0,5 Prozent im Jahr betragen. Die Freigrenzen sinken immer mehr, sodass Sparer mit kaum mehr als 100.000 Euro rechnen können, die gebührenfrei auf dem Konto liegen. Angenommen, ein Sparer hält Cash in Höhe von 500.000 Euro, davon greifen für 400.000 Euro Negativzinsen in Höhe von 0,5 Prozent. Das sind 2.000 Euro jährlich, die real vom Konto verschwinden. Das ist nicht die Welt, aber in Kombination mit einem Kaufkraftverlust durch die Inflation von derzeit deutlich mehr als vier Prozent (und einer Erwartung von durchschnittlich drei Prozent) ist die halbe Million Euro nach einem Jahr knapp 24.000 Euro weniger wert. Nach drei Jahren auf dem Konto ist das Vermögen in dieser Musterberechnung um annähernd 15 Prozent geschrumpft.
Strategie für das Cash-Management
Was also tun, wenn man in der Krise hin- und hergerissen ist zwischen dem Wunsch nach Sicherheit und der Suche nach mindestens Nettowerterhalt? Professionelles Cash-Management ist die Antwort auf dieses Problem, vor allem für die Anleger, die einen planbaren Cashflow suchen oder aus bestimmten Gründen sogar benötigen, beispielsweise als gemeinnützige Stiftung oder Verein. Dann können dividendenorientierte Investments Sinn ergeben. Sie liefern einen weitestgehend planbaren Cashflow für konkrete Zwecke und dienen als Stabilisator für ein Depot.
Dividentitel als Alternative zu Anleihen
Dividendenausschüttungen dienen in diesem Zusammenhang als Stabilisator in einem Portfolio. Dazu einige Zahlen aus Deutschland: Im Dax liegt die Dividendenrendite durchschnittlich bei ca. 2,5 bis 3,5 Prozent, wohingegen die Top-Titel durchaus auch Werte von rund fünf Prozent erreichen. Gleichzeitig liegen die realisierten Dividendenrenditen bereits seit 2013 über den Renditen von Unternehmensanleihen mit fünfjähriger Laufzeit. Mehr als die Hälfte aller Dax-Titel hat 2021 die Dividende erhöht, sechs haben sie gehalten. Dividendentitel sind, waren und bleiben eine sehr gute Ergänzung beispielsweise zu Anleihen-Investments, die nur noch in wenigen Risikoklassen ordentliche Kupons aufweisen, allerdings mit ambitionierten Risiken.
Auf die Laufzeit kommt es an
Wichtig ist indes die Differenzierung in diesem Zusammenhang: Aktien sind kein Cash-Äquivalent für die sehr kurzfristige Anlage. Sie eignen sich für Anlagezeiträume zwischen drei und fünf Jahren und werden immer sicherer, je länger sie laufen. Bei einer Spardauer von 20 Jahren konnte man in der Vergangenheit eine durchschnittliche Rendite von 8,7 Prozent im Jahr mit dem angelegten Geld erwirtschaften. Nach zwölf Jahren lag man mit einer breitgestreuten Aktienanlage immer im Plus.
Gastautor Dyrk Vieten, Sprecher der Geschäftsführung der unabhängigen Vermögensverwaltung ficon Vermögensmanagement GmbH (Düsseldorf).
Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.
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