Von Renten-Millionären und alten Säcken
Die Politik gönnt sich in der fünften Jahreszeit eine „parlamentarische Verschnaufpause“.
Ob nun in unterschiedlichen Landen Karneval, Fasching oder auch Fasnet gefeiert wird, Volksvertreter müssen im närrischen Treiben mit von der Partie sein. Am Aschermittwoch ist dann bekanntlich alles vorbei. Dass das Leben insgesamt im Durchschnitt allerdings länger dauert und dass dies Folgen für die Vorsorge im Alter hat, machte an diesem Mittwoch der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) bei einem Thinkcamp zum Thema Langlebigkeit deutlich. „Du lebst sieben Jahre länger als Du denkst“ heißt die erwartungsfrohe Initiative.
Seit Martin Schulz als Herausforderer von Angela Merkel die soziale Gerechtigkeit als zentrales Wahlkampfziel ausgerufen hat, ist unabhängig von der Jahreszeit die Altersversorgung der Renten-Millionäre in den Vorstandsetagen ein Thema. Millionenbezüge und üppige Altersboni, festgemacht am gescheiterten VW-Vorstandsvorsitzenden Winterkorn und der sozialdemokratischen Managerin für Integrität und Recht beim Wolfsburger Automobilkonzern, Hohmann-Dennhardt, werden aktuell problematisiert. Nach einer Untersuchung kassieren die Vorstandschefs der 30 DAX-Konzerne durchschnittlich mehr als 700.000 Euro jährlich. Bei Dieter Zetsche, dem Daimler-Boss, sind es gleich ein paar Millionen. Dabei handele es sich nicht um Absicherung im Alter, sondern um Alimentierung der Erben, wenden Kritiker ein.
Welche Mittel hat aber die Politik, in die Freiheiten der Vertragsgestaltung von Unternehmen einzugreifen? In der Großen Koalition scheint man sich jetzt auf eine geänderte steuerliche Abzugsfähigkeit der für Vorstandsvergütungen anfallenden Ausgaben zu verständigen. In Österreich und den USA ist dies seit langem gängige Praxis, hat aber wenig gebracht.
Baden-württembergische Politiker im Büßergewand
Im Büßergewand traten in diesen Tagen die Abgeordneten von Grünen, CDU und SPD im baden-württembergischen Landtag auf. Im Blitzverfahren hatten sie versucht, ein neues Gesetz zur Altersversorgung von Mandatsträgern zu erreichen. Statt des Einstiegs in die Privatisierung wollten sie wieder eine staatliche Pension durchsetzen. (Ich hatte in der letzten Kolumne über diesen die Politikverdrossenheit anheizenden Versuch berichtet.)
Der Protest gegen die Stuttgarter Hauruck-Entscheidung war so groß, dass das fragwürdige Gesetzesvorhaben jetzt einvernehmlich gekippt wurde. Nun wird eine Expertenkommission aus Politikwissenschaftlern, Staatsrechtlern und dem Rechnungshof eingesetzt, um einen neuen Vorschlag auszuarbeiten. Offenkundig hatten die Volksvertreter befürchtet, ihr schnell gehäkeltes Gesetz sei verfassungswidrig. Empörte Bürgerinitiativen hatten bereits mit einem Volksantrag gedroht. Mühelos hätte man die notwendigen Unterschriften für ein solches Begehren sammeln können. Die Schwaben sind bekanntlich besonders sensibel, wenn es an ihre Geldbörse geht.
Er trat bei zwei DIA-Foren als streitbarer Debatter auf: Wolfgang Gründinger, Zukunfts-Lobbyist und Generationen-Erklärer. Jetzt hat die Friedrich-Ebert-Stiftung sein Buch über die „Alten Säcke“ zum mit 10.000 Euro dotierten besten Sachbuch des Jahres ausgezeichnet. Herzlichen Glückwunsch!
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