Rentenkommission: Scheitern mit Ansage
Ende vergangener Woche übergab die Rentenkommission der Bundesregierung ihren Abschlussbericht. Fazit: Ziel verfehlt.
Da sich CDU/CSU und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen nach der Bundestagswahl 2017 zur Rente nicht einigen konnten, blieb eine Fehlstelle im Koalitionsvertrag. Diese sollte die Komission verlässlicher Generationenvertrag im Laufe der Legislatur schließen. Sie tagte alles in allem fast 22 Monate. Am Ende steht fest: Außer Spesen nichts gewesen.
So konnten sich die Mitglieder der Kommission gerade mal auf die Fortsetzung der von vielen Experten ohnehin schon heftig kritisierten doppelten Haltelinie verständigen. Aber auch das nicht im völligen Einverständnis, sondern nur mit abweichenden Sondervoten. Für Prof. Dr. Axel Börsch-Supan, Direktor des Munich Center for the Economics of Aging am Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik, ist der Verzicht auf quantifzierte Empfehlungen und der Rückzug auf Korridore schlicht gesagt einfach nur feige. Eine solche Kommission müsse auch unpopuläre Entscheidungen vorschlagen. Annelie Buntenbach vom Deutschen Gewerkschaftsbund wiederum hält die Untergrenze beim Rentennivau für zu niedrig.
Haltelinien lösen kein Problem
Darüber hinaus ist allen klar: Die neuen Haltelinien lösen das Problem der geburtenstarken Neurentner-Jahrgänge ab Mitte dieses Jahrzehnts nicht, sondern implizieren lediglich die Erwartung, dass die Zuschüsse des Staates für die Rentenversicherung noch weiter steigen müssen. Allein schon die Breite der Korridore zeigt, wie schwer es war, alle Kommissionsmitglieder irgendwie unter einen Hut zu bringen. So soll das Rentenniveau, das ohnehin nur eine reine Rechengröße ist, in einer Spanne zwischen 44 und 49 Prozent liegen. Derzeit beträgt es 48,2 Prozent. Die aktuell geltende Haltelinie soll ein Abrutschen unter 48 Prozent verhindern. Der Korridor spiegelt also zumindest einen gewissen Realismus wider, indem eine Unterschreitung der aktuellen Untergrenze in Kauf genommen wird. Dagegen haben die Gewerkschaften bereits interveniert. Für den DGB ist eine weitere Absenkung unter 48 Prozent überhaupt nicht vorstellbar. Im Gegenteil: Es müsse wieder auf 50 Prozent steigen.
Beiträge werden steigen
Beim Beitragssatz empfiehlt die Kommission einen Korridor zwischen 20 und 24 Prozent. Das ist ein ganzes Stück über dem aktuellen Beitragssatz von gegenwärtig 18,6 Prozent. Bis 2025 gilt noch eine obere Begrenzung von 20 Prozent. Mit den Korridoren schlägt die Rentenkommission zwar einen Pfad vor, auf dem sich die Rentenversicherung bewegen soll, bleibt aber die Antwort schuldig, mit welchen Mitteln der Pfad eingehalten werden soll. Das aber war die eigentliche Aufgabe.
Entscheidung zum Rentenalter verhindert
Ein zentrales Instrument, das zur Steuerung der Einnahmen und Ausgaben der Rentenversicherung trefflich taugt, erhielt keine reale Chance, in den Abschlussbericht zu gelangen. Prof. Börsch-Supan hatte mit viel Einsatz versucht, eine Kopplung des Renteneintrittsalters an die Entwicklung der Lebenserwartung als Kommissionsvorschlag durchzusetzen. Er scheiterte schließlich damit. Der DGB nennt es in seiner Stellungnahme zum Abschlussbericht sein Verdienst, eine solche Kopplung verhindert zu haben. Das Thema Renteneintrittsalter wurde schließlich mangels Courage vertagt und dem nächsten Arbeitskreis in die Schuhe geschoben. Ab 2026 soll sich ein Alterssicherungsbeirat, der erst noch ins Leben gerufen werden muss, damit beschäftigen.
Weitere fünf Jahre verstreichen ungenutzt
So ziehen in dieser Angelegenheit weitere fünf Jahre ungenutzt ins Land. Ähnlich ist es auch mit den meisten anderen Instrumenten. Die Kommission blieb vage, vertagte oder schlug Maßnahmen vor, die ohnehin bereits Konsens sind, wie zum Beispiel die Einbeziehung der Selbstständigen in eine Altersvorsorgepflicht. Gemessen am Ergebnis muss man leider feststellen: Es hätte dieser Kommission nicht bedurft. Sie bewahrt die Große Koalition lediglich davor, eine Entscheidung zur Entwicklung des Rentensystems ab 2025 treffen zu müssen. Aber wahrscheinlich konnte man angesichts der mutlosen Zusammenstellung der Kommission auch nicht mehr erwarten. Insofern war es ein Scheitern mit Ansage.
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