Deutscher Bundestag hat Chance auf Nachbesserung
In der zweiten Januar-Hälfte wird der Deutsche Bundestag in den Schlussspurt dieser Legislaturperiode gehen.
Das Parlament hat die Chance, den Entwurf des Gesetzes zur Stärkung der Betriebsrenten zu verbessern und die zweite Altersvorsorgesäule attraktiver zu machen. Kein Zweifel, mit dem im Konsens von Arbeitgebern und Gewerkschaften mit der Politik erarbeiteten Gesetzentwurf hat die Bundesregierung einen begrüßenswerten Schritt nach vorne getan, um die im europäischen Vergleich eher niedrige Zahl von Nutzern der Betriebsrente zu steigern und die Altersversorgung aller Beschäftigten zukunftsfester zu machen.
So sind der Freibetrag für freiwillige Zusatzrenten in der Grundsicherung und die Förderung eines Arbeitgeberzuschusses für Beschäftigte mit niedrigem Einkommen zukunftsweisende Maßnahmen. Aber auch für Beschäftigte mit hoher Tarifbindung, wo die Betriebsrente stark verbreitet ist, wird mehr Beweglichkeit für tarifvertragliche Modelle geschaffen. Dies gilt für Verträge mit obligatorischen Regelungen ebenso wie für Anlageformen, die in Zeiten niedriger Zinsen höhere Renditen ermöglichen. Außerdem wird der Einkommensanteil vergrößert, der steuerlich begünstigt per Entgeltumwandlung eingezahlt werden kann.
Nach der ebenso kontraproduktiven wie teuren Rente mit 63 nach 45 Versicherungsjahren, einem nachträglichen Wahlgeschenk für die Gewerkschaften durch die SPD, und der von der CDU durchgesetzten Mütterrente zu Beginn der Legislaturperiode wurde nun immerhin im Endlauf ein Gesetz kreiert, das Anreize zu mehr Eigenverantwortung von Arbeitnehmern zur Sicherung ihrer Altersvorsorge schafft.
Zu gewerkschaftsnah
Was sollte nun im parlamentarischen Verfahren noch verbessert werden? Zunächst einmal sind weitere Schritte nötig, mit denen die Entgeltumwandlung niedriger Einkommen attraktiver gestaltet werden kann. Dafür gibt es in beiden Fraktionen der Großen Koalition auch durchaus Befürworter. Ein Ärgernis ist die beabsichtigte Bevorzugung der „Nahles-Rente mit Gewerkschaftsbeteiligung“, so der Wirtschaftsrat der CDU. Will man vor allem mittlere und kleine Unternehmen, in denen es ein Defizit für Betriebsrentenzusagen gibt, für die Umsetzung des neuen Gesetzes in der Praxis gewinnen, muss die Beitragszusage auf allen Durchführungswegen und damit in allen Betrieben offenstehen. Mit anderen Worten: Auch nicht tarifgebundene Unternehmen sollen motiviert werden, ihren Mitarbeitern Offerten zu unterbreiten.
Zu Recht fordert der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, eine Ausweitung. „Wünschenswerte Haftungserleichterungen für Arbeitgeber in der betrieblichen Altersvorsorge müssen auch für die bestehenden Durchführungswege gelten.“ Alles, was aus dem Hause Nahles kommt, ist wie schon die Rente mit 63 stark gewerkschaftlich geprägt. In den Anhörungen für das neue Gesetz gelang es aber, statt der „ursprünglich vorgesehenen Vorsorgeeinrichtungen von Gewerkschafts Gnaden“ – so die FAZ – mehr Wettbewerb zuzulassen. In den parlamentarischen Beratungen sollten die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen und damit betriebsnähere Varianten ins Auge gefasst werden.
Keine Rente für Lebensleistung
Ihre Pläne für eine Rente für Lebensleistung hat die Bundesregierung inzwischen zurückgezogen. Stattdessen will Arbeitsministerin Nahles gegen künftig drohende Altersarmut mit Hilfen und Verbesserungen für Geringverdiener, Erwerbsminderungsrentner und Selbständige in prekärer Lage vorgehen. Den von vielen erwarteten Renten-Wahlkampf mit einem Überbietungswettbewerb von staatlichen Vorsorgeleistungen wird es aller Voraussicht nach nicht geben. Das Wahlgefecht dürfte nach den Anschlägen von Berlin und der anhaltenden terroristischen Gefahr von der inneren Sicherheit geprägt sein.
Der präsumptive SPD-Kanzlerkandidat Sigmar Gabriel ist von seiner Forderung nach einer Anhebung des Rentenniveaus, wie es die Gewerkschaften fordern, zurückgewichen. Er bewegt sich inzwischen auf der Linie seiner Genossin Nahles. Sie plädiert für eine Haltelinie beim Rentenniveau, aber auch bei den Beiträgen. In einem Interview meinte er, „gebrochene Wahlversprechen seien kleine Verbrechen an der Demokratie“. Wenn die Gefahr bei CDU/CSU darin liege, zu hohe Steuersenkungen zu versprechen, so liege sie im linken Spektrum darin, zu große Sozialleistungen in die Wahlprogramme zu schreiben. Wörtlich meinte Gabriel: „Wir müssen verhindern, dass die Rente so weit absackt wie bisher geplant. Aber wir müssen uns dabei auf realistische Größenordnungen verständigen, die wir unter anderem durch eine bessere Förderung der privaten Vorsorge sowie durch den Ausbau von Tarifverträgen und Betriebsrenten erreichen – und vor allem dadurch, dass wir für mehr und besser bezahlte Jobs sorgen.“
Andere Themen im Visier
Dafür hat die SPD allerdings andere Themen im Visier. So will sie aus der Debatte um die hohen Altersbezüge des früheren VW-Chefs Martin Winterkorn gesetzgeberische Konsequenzen ziehen. Noch in dieser Legislaturperiode sollen die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten für Gehälter, Boni und Abfindungen deutlich eingeschränkt werden. Versorgungszahlungen sollen nicht über den Höchstsatz der gesetzlichen Rentenversicherungsbeiträge hinaus steuerlich abzugsfähig sein. Boni, die 500.000 Euro übersteigen, sollen die Unternehmen aus ihrem Gewinn nach Steuern bezahlen. Das sind Forderungen, die auch von den Grünen geteilt werden. Ins Wahlprogramm soll auch ein alter Ladenhüter der Linken, die Bürgerversicherung. Dafür wurde ein Stufenplan entwickelt, der im Falle einer Beteiligung an einer neuen Bundesregierung in den Koalitionsvertrag aufgenommen werden soll.
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