Am frühesten gehen Slowenen in Rente
Während sich für die Deutschen in den kommenden Jahren der Renteneintritt zunehmend nach hinten verschiebt, gehen viele Europäer deutlich früher in Rente.
In Deutschland kam während des Wahlkampfes kurz die Diskussion über eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters auf. Einige Ökonomen raten zu einer Anhebung auf 70 Jahre. Der Grund: Die derzeit noch vollen Rentenkassen der Sozialversicherung werden nicht von Dauer sein. Bald gehen die geburtenstarken Jahrgänge in Rente. Daher bringen Experten eine weitere Anhebung des Rentenalters ins Gespräch. Doch wann beginnt in anderen Ländern Europas der Ruhestand?
Zur Zeit müssen Portugiesen am längsten arbeiten. Das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Sie dürfen erst mit 66 Jahren in Rente gehen. Ob diese dann wirklich ausreicht, vor allem für Geringverdiener, ist eine ganz andere Frage. Die Mindestrente in Portugal liegt lediglich bei ca. 420 Euro monatlich und beträgt ansonsten 30 Prozent des durchschnittlichen Monatsverdienstes. Ähnlich lange wie die Portugiesen müssen auch die Iren warten. Beide Geschlechter können in Irland ebenfalls erst mit 66 Jahren regulär in den Ruhestand gehen. Auf Platz 19 von 21 Nationen steht Deutschland. Doch bereits in wenigen Jahren könnten deutsche Arbeitnehmer am ältesten sein, wenn sie in Rente gehen. Bis 2030 verschiebt sich der Renteneintritt pro Jahr um ein beziehungsweise zwei Monate. Daher erhöht sich das gesetzliche Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre.
Zwei Nachbarn folgen
Nahe dran an Deutschland ist – nicht nur als östlicher Nachbar – Polen. Polnische Männer arbeiten mit 65,25 Jahren nur drei Monate weniger als derzeit Neurentner in Deutschland. Die Frauen in Polen haben es da wesentlich besser: Sie können fünf Jahre früher, also bereits mit 60,25 Jahren, ihr Erwerbsleben abschließen. Dabei haben sie nach dem Renteneintritt dank einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 79,9 Jahren noch eine deutlich längere Lebenszeit vor sich als polnische Männer (71,7 Jahre). Auch unsere holländischen Nachbarn haben es nicht wesentlich besser als wir. Das einheitliche Rentenalter wird dort mit 65,2 Jahren erreicht. Dann liegen nach OECD-Daten vier Länder gleichauf. In den skandinavischen Staaten Dänemark, Finnland und Schweden sowie in Spanien gilt der 65. Geburtstag als gesetzliches Renteneintrittsalter.
Rente mit klarem Fokus: Österreich
Auch in Österreich müssen Männer arbeiten, bis sie 65 Jahre alt sind. Die Frauen treffen es dagegen deutlich besser. Ihr Renteneintrittsalter liegt bei nur 60 Jahren. Ähnlich wie Deutschland hat auch Österreich sein Alterssicherungssystem reformiert. Allerdings lag der Schwerpunkt ganz klar beim öffentlichen System und nicht bei der betrieblichen oder privaten Zusatzversorgung. Ein Grund dafür war der starke Widerstand wichtiger Gewerkschaften. Zusätzlich wurde die Beamtenversorgung reformiert und der Versichertenkreis ausgeweitet. In Österreich erhalten langjährig beschäftigte Neurentner deutlich höhere Altersbezüge als in Deutschland. Österreichische Männer kommen derzeit im Schnitt auf 1.820 Euro und Frauen auf 1.220 Euro.
Estland und Tschechien: Frauen bevorzugt
Auf Platz 10 der Renteneintrittsalter steht Estland. Der Renteneintritt ist für Männer und Frauen unterschiedlich geregelt: Frauen können mit 62 Jahren regulär in den Ruhestand, Männer müssen noch ein Jahr länger arbeiten. Ähnlich aufgestellt ist das tschechische Rentensystem. Tschechische Männer gehen mit 62 Jahren und acht Monaten in die gesetzliche Rente. Ihre Frauen dürfen bereits mit 61 Jahren und vier Monaten ihren Job aufgeben.
Schroffer Wandel in Griechenland
Auf dem 8. Platz im Renteneintritts-Länderranking rangiert Italien. Dort können Frauen mit 62 Jahren und Männer mit 62,5 Jahren in den Ruhestand wechseln. Ähnlich sieht es in Ungarn aus. Allerdings herrscht in punkto Renteneintrittsalter Gleichberechtigung. Alle müssen arbeiten, bis sie 62,5 Jahre alt sind. Dann folgt mit minimalem Abstand die Slowakei: beide Geschlechter können gemeinsam mit 62 Jahren in den Ruhestand gehen. Genauso sieht es derzeit noch in Griechenland aus. Dort lag das Renteneintrittsalter zum Zeitpunkt der Erhebung ebenfalls bei 62 Jahren für Männer und Frauen. Allerdings hat die griechische Regierung bereits eine allgemeine Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre beschlossen. Bis 2050 soll es sogar auf 69 Jahre steigen. Das wäre dann – falls andere Nationen unterdessen nicht nachziehen – das höchste Renteneintrittsalter in diesem Vergleich. Die Zeiten, in denen beispielsweise Angestellte im öffentlichen Dienst schon mit 56 Jahren in den Ruhestand gingen, sind in Griechenland also lange vorbei.
Frankreich derzeit noch ohne Rentenreform
Die Franzosen gehen im europäischen Vergleich deutlich früher in Rente. Das Renteneintrittsalter liegt bei 61,2 Jahren, unabhängig ob Frau oder Mann. Dieser relativ frühe Renteneintritt gilt im Bewusstsein der Franzosen als gewichtiger Faktor des sozialen Systems. Auch Präsident Emmanuel Macron will derzeit nicht daran rütteln. Zumal er seinen Fokus auf andere soziale und arbeitsrechtliche Veränderungen richtet. Eine weitere drastische Reform ist der französischen Bevölkerung momentan wohl (noch) nicht zuzumuten.
In Slowenien gilt das niedrigste Alter
Etwas weiter nördlich ist offenkundig noch ausreichend Geld für einen früheren Lebensabend vorhanden. In Luxemburg dürfen sich alle Arbeitnehmer und Angestellten bereits ab dem 60. Geburtstag über ihren Renteneintritt freuen. Das gilt auch für Belgien. Doch das ist nichts verglichen mit dem Spitzenreiter. Als besonders arbeitnehmerfreundlich erweist sich Slowenien.
Nirgends ist laut OECD das Renteneintrittsalter in Europa niedriger als dort. Männer wechseln schon mit 58 Jahren und acht Monaten in den Ruhestand. Sloweniens Frauen dürfen sogar noch vier Monate früher ihre erste Rente in Empfang nehmen. Doch wie lange können die Slowenen ihre Renten genießen? Die mittlere Lebenserwartung beträgt 81,1 Jahre. Frauen wie Männer können sich also über eine relativ lange Rentenbezugsdauer freuen. Bei diesem Vergleich bietet es sich daher an, auch die länderspezifische Lebenserwartung zu betrachten. In Ländern wie Österreich und Polen profitieren Frauen besonders von einer längeren Rentenbezugsdauer. Sie dürfen deutlich eher in Rente gehen als die Männer und leben dazu durchschnittlich noch länger. Dazu kommt, dass in den meisten Ländern der reale Renteneintritt aufgrund von Vorruhestandsregelungen, Überbrückungsmaßnahmen oder Invalidität deutlich früher erfolgt, als es der Gesetzgeber vorgesehen hat.
Nachricht an die Redaktion
Senden Sie Hinweise, Lob oder Tadel zu diesem Artikel an die DIA Redaktion.
Ausgewählte Artikel zum Thema
Während sich für die Deutschen in den kommenden Jahren der Renteneintritt zunehmend nach hinten verschiebt, gehen viele Europäer deutlich früher in Rente. In Deutschland kam während des Wahlkampfes kurz die Diskussion über eine weitere Erhöhung des Renteneintrittsalters auf. Einige Ökonomen raten zu einer Anhebung auf 70 Jahre. Der Grund: Die derzeit noch vollen Rentenkassen der […]
Artikel lesen12 Monate später: Die Spuren der Rente mit 63
Vor einem Jahr trat das Rentenpaket der Großen Koalition in Kraft. Zwölf Monate später zeichnen sich die Folgen bereits ab. Das zeigt eine Auswertung des Rentenzugangs im vergangenen Jahr: Die Zahl der neuen Rentner stieg um mehr als zwölf Prozent. Der Trend beim Zugangsalter kehrte sich um, die Neurentner, zumindest die Männer, beginnen ihre Rente […]
Artikel lesen