Vermögen mit Nießbrauch übertragen
Wer Erspartes an die nächste Generation weitergeben möchte, will oft nicht nur Steuern sparen. Daher kann es Sinn machen, Wertpapiere bereits zu Lebzeiten an Kinder zu übertragen, sich aber die Nutzung der Erträge vorzubehalten. Das kann helfen, Finanzkompetenz aufzubauen und Freibeträge noch besser zu nutzen.
Wer möchte schon auf mühsam aufgebautes Vermögen noch einmal Steuern zahlen, wenn es ans Vererben geht? Es gelten zwar hohe Freibeträge, zum Beispiel für eigene Kinder in Höhe von 400.000 Euro.
Laut einer Studie des Deutschen Instituts für Altersvorsorge liegt jedoch inzwischen jede 50. Erbschaft über einer Million Euro. Die Optimierung von Schenkungen und Erbschaften betrifft damit gar nicht so wenige. „Hierbei ist das Nießbrauchdepot eine interessante Variante“, sagt Ottmar Wolf, Vorstand bei der FAM Frankfurt Asset Management AG. „Es ist dadurch möglich, den persönlichen Freibetrag für Schenkungen zu hebeln. Das heißt, es kann eine größere Summe verschenkt werden, ohne dass eine Steuerlast entsteht.“ Wenn zum Beispiel ein 40-jähriger Vater auf diese Weise Vermögen an seine Tochter weitergibt, kann er unter gewissen Voraussetzungen fast drei Millionen Euro bis zu seinem 83. Geburtstag steuerfrei übertragen. Obwohl die Freibeträge, die sich aktuell noch alle zehn Jahre erneuern, in Summe eigentlich nur bei zwei Millionen Euro liegen. Nießbrauch bei Immobilien kennen die meisten. Wie aber funktioniert das bei einem Wertpapierdepot? Was gilt es da zu beachten?
Nachfolgewünsche und Finanzsituation klären
„Immer nur das schenken, was man mit Sicherheit selbst nicht mehr braucht“, rät FAM-Finanzfachmann Ottmar Wolf. Hier gilt es, langfristig tragfähige Entscheidungen zu treffen, im Idealfall gemeinsam mit allen Betroffenen. Dabei sollte die eigene finanzielle Sicherheit im Alter nicht gefährdet sein. Es ist ganz entscheidend, alles im Blick zu haben – von eventuell bestehenden Rentenansprüchen über einen möglichst lückenlosen Versicherungsschutz bis zu Immobilieneigentum und Ersparnissen.
Rat von versierten Fachleuten einholen
Schon bei der Finanzanalyse ist es ratsam, Experten wie einen unabhängigen Vermögensverwalter einzubeziehen. So lässt sich der Spielraum für eine langfristige Vermögensnachfolgeplanung verlässlich bestimmen. Werden hier Summen erreicht, die bei Schenkungen zu Steuerzahlungen führen könnten, sollte unbedingt ein kundiger Steuerberater mit ins Boot geholt werden. Er kann berechnen, ob ein Nießbrauchdepot ein gutes Instrument ist, um in diesem individuellen Fall Vermögen steuergünstig zu übertragen. Gut zu wissen: Bei den meisten Schenkungen außerhalb der engeren Familie liegt der Freibetrag gerade einmal bei 20.000 Euro. Nießbrauch ist also nicht unbedingt nur ein Thema für Millionäre und sehr große Vermögen.
Nießbrauchfähiges Depot finden und einrichten
Die Idee des Nießbrauchdepots ist an sich simpel: Der Schenkende überträgt Wertpapiere, behält sich jedoch die Nutzung der Dividenden oder Zinsen zu Lebzeiten vor. Allerdings gibt es nur wenige Anbieter, bei denen Anleger Aktien und Co. in dieser Form übertragen können. „Nicht jede Bank bietet die Möglichkeit, dass Wertpapiere einem neuen Inhaber geschenkt, aber die Erträge weiter dem Schenker zugerechnet werden“, sagt René Niemann, Leiter der Vermögensnachfolge bei der V-Bank. Es kann somit notwendig sein, erst ein neues Depot bei einem Spezialanbieter einzurichten.
Schenkungsvertrag wasserdicht aufsetzen
Im Prinzip reicht es rechtlich, Wertpapiere in ein solches Depot einfach zu übertragen. Das kann aber durchaus zu Problemen führen. „Ein professionell formulierter Schenkungsvertrag ist absolut empfehlenswert“, rät Rechtsanwalt Dr. Jasper von Hoerner von der LKC Rechtsanwaltsgesellschaft mbH Niederlassung Gmund am Tegernsee. Der Vertrag sollte klare Regelungen für die zukünftige Verwaltung des Depots und Optionen für gewisse Notfälle enthalten. Was passiert zum Beispiel, wenn der Beschenkte vorzeitig verstirbt oder der Schenker verarmt? Solche Notfallsituationen mitzudenken und Rückfallklauseln zu formulieren, die aber nicht die Anerkennung durch das Finanzamt gefährden, ist nichts für Laien. „An einem versierten Rechtsanwalt, der hier beim Aufsetzen hilft, sollten die Vermögensinhaber auf keinen Fall sparen“, rät auch Experte René Niemann. Der Gang zu einem Notar ist dagegen bei einem Nießbrauchdepot – anders als beim Immobilienpendant – nicht zwingend nötig.
Vollziehen und melden
Ist der Vertrag unterschrieben, muss das Finanzamt informiert werden. Grundsätzlich sind Schenkungen von beiden Seiten innerhalb von drei Monaten nach Vollzug zu melden. Damit der Nießbrauchvorbehalt korrekt angerechnet werden kann, wird in der Regel der Schenkungsvertrag mit nachvollziehbarer Ertragsprognose eingereicht. Welchen Wertminderungseffekt der Nießbrauch hat, hängt maßgeblich von der verbleibenden statistischen Lebenserwartung des Schenkenden ab. Je nach Alter sind zudem Mindestlaufzeiten gesetzlich festgelegt. Der Schenkende muss nach der Übertragung noch ein paar Jahre den Nießbrauch nutzen, damit dieser voll wirksam wird. Nießbrauchmodelle sind deswegen eher für die langfristige Planung als für Last-Minute-Entscheidungen geeignet.
Regelmäßig prüfen
Die Struktur des Vermögens sollte von Zeit zu Zeit angepasst werden, um sowohl den Vermögenswert für den Beschenkten als auch den Nießbrauch des Schenkenden zu sichern. Dies kann eine optimale Gelegenheit sein, die nachfolgende Generation an das Thema langfristige strategische Kapitalanlage heranzuführen. Das ist vielen Schenkenden bei Nießbrauchdepots oft mindestens so wichtig wie der Steuerspareffekt.
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