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    Demographie

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    Demographie | 29.4.2017 Drucken

    Auf dem Weg zur Unsterblichkeit

    Mit Statistiken wird viel Schindluder getrieben, zum Teil mit Absicht, häufig aus Unkenntnis. Daher haben drei Wissenschaftler die Rubrik „Unstatistik des Monats“ ins Leben gerufen. Im April nahmen die Initiatoren der Unstatistik die Auswertungen einer amerikanischen Studie in den Medien aufs Korn. Ihre Begründung für die Auswahl gipfelt im ironischen Rat: laufen zur Unsterblichkeit.

    Eine amerikanische Studie über Jogging („Running as a Key Lifestyle Medicine for Longevity“) hat im April die Medien bewegt. Etwa 55.000 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 100 Jahren wurden untersucht, um herauszufinden, ob Laufen das Leben verlängert. Die Studie berichtet, dass Laufen mit einer Verringerung von Herzkrankheiten, Krebs und anderen Krankheiten einhergeht und diese Wirkung größer sei, als wenn man die gleiche Zeit mit Radfahren, Schwimmen, Gehen oder einem anderen Sport verbringt. Im Internet wurden die Ergebnisse mit Schlagzeilen wie „Eine Stunde Jogging verlängert Leben um sieben Stunden“ (www.ispo.com) oder „Jede Stunde Laufen schenkt dir 7 Stunden Lebenszeit!“ (www.woman.at) verbreitet.

    Statistik

    Eine Stunde investieren und sieben zusätzliche erhalten – das klingt wie ein Traum. Wenn das so wäre, dann könnten wir uns unsterblich „laufen“. Rechnen wir das einmal nach. Würde man täglich vier Stunden laufen, dann macht das pro Tag einen Gewinn von 28 Stunden Lebenszeit. Da 28 Stunden länger dauern als ein Tag, wird demnach die Lebenserwartung jeden Tag immer länger. Selbst wenn man nur eine Stunde täglich joggen würde, wären dies in den 50 Lebensjahren von 20 bis 70 insgesamt 365 x 50 Stunden. Also etwas über zwei Jahre, die man mit Laufen verbringt. Nach dieser Rechnung würde sich die Lebenserwartung um 14 Jahre verlängern, wovon modernste Medizintechnik nur träumen kann. Also nichts wie los, ums Leben laufen?

    Schlagzeilen gingen voll daneben

    Doch die Schlagzeilen führen in die Irre. Die Zahl „eine Stunde Joggen, um sieben Stunden länger zu leben“ bezieht sich nur auf die Situation von zwei Stunden Jogging pro Woche. Das ist die durchschnittliche Zeit, welche die untersuchten Jogger gelaufen sind. Diese zwei Stunden wurden übrigens nicht gemessen, sondern waren eine Selbsteinschätzung. In der Originalstudie heißt es auch klar, dass der Nutzen des Laufens abnimmt, je länger man pro Tag läuft. Insgesamt wird über einen maximalen Gewinn von etwa drei Jahren Lebenserwartung berichtet. Das erwähnten die meisten Berichte im Internet am Ende auch.

    Exzessives Laufen erhöht sogar das Risiko

    Die Zahl „eine Stunde Joggen und sieben Stunden länger leben“ wurde folgendermaßen geschätzt. Eine Gruppe von Joggern im Alter von 44 Jahren, die zwei Stunden pro Woche läuft, verbringt bis zum Alter von 80 Jahren insgesamt 0,43 Jahre mit Laufen und gewinnt dabei 2,8 Jahre zusätzliche Zeit. Das entspricht rund einer Stunde Laufen pro sieben Stunden länger leben. Dass jede zusätzliche Stunde Laufen sieben Stunden Lebenszeit schenkt und damit das Leben immer länger wird, wenn man mehr läuft, davon war nicht die Rede. Im Gegenteil, exzessives Laufen kann das Risiko erhöhen, an Herzkrankheiten zu sterben, wie die Studie auch berichtet.

    Fazit: Schlagzeilen erwecken oft Erwartungen, die der Artikel nicht befriedigen kann. Dennoch weisen viele Studien daraufhin, dass regelmäßige Bewegung wie Laufen, Gehen und Tanzen für Menschen ohne schwere Krankheit genau so viel oder mehr zur Gesundheit beitragen kann wie regelmäßige Checkups, Krebsfrüherkennung und vorbeugende Medikamente. Noch etwas: Wenn schon zum Arzt, dann laufen.


    Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer und RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Alle „Unstatistiken“ finden Sie im Internet unter www.unstatistik.de.


     

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