Die größte Herausforderung: Hacking vermeiden
Die Superstream-Initiative in Australien soll einen besseren Überblick über die Betriebsrenten ermöglichen.
Jeder australische Arbeitgeber muss seit 1992 eine Betriebsrentenversicherung (Superannuation) für seine Arbeitnehmer abschließen. Arbeitnehmer haben aber häufig verschiedene Betriebsrententöpfe und können einige davon gar nicht mehr auffinden. Daher soll die Initiative auch das Zusammenlegen der Rententöpfe fördern. Kathy Taylor-Hoffman, Leiterin für betriebswirtschaftliche Lösungen beim australischen Finanztechnologiedienstleister und Schnittstellenbetreiber GBST, der Daten zu Betriebsrenten bereitstellt, erläutert die Initiative.
Wie funktioniert das australische Online-Rentensystem?
Die Superstream-Initiative hat zu einem Netzwerk sogenannter Gateways geführt. Diese Gateways sind Schnittstellen, die Renteninformationen zwischen den relevanten Teilnehmern vermitteln. Solche Informationen sind beispielsweise der aktuelle Wert der Fonds, laufende Beiträge, Einnahmen, Gebühren oder Steuern. Die zuständige Behörde ist das australische Finanzamt. Aufgrund der Rentendienstleistungen, die das Finanzamt anbietet, wäre dies potentiell selbst in der Lage, ein einziges, zentralisiertes Portal für solche Renteninformationen anzubieten, tut dies aber nicht. Aktuell werden stattdessen die Informationen von den unterschiedlichen Fondsanbietern, bei denen die Beschäftigten bereits Betriebsrenten haben, zusammengesucht. Die Beschäftigten können sich auch den Anbieter aussuchen, zu dem sie bereits angespartes Kapital transferieren lassen.
Wann startete diese Initiative?
Sie hat im Juli 2013 begonnen. Allerdings müssen Betriebsrentenanbieter schon seit längerem ihre Informationen regelmäßig dem Finanzamt mitteilen.
„Das Netzwerk wird auch genutzt, um Einzahlungen auf andere Fonds zu übertragen.“
Kann sich jeder registrieren?
Jeder australische Arbeitnehmer ist automatisch Teil des Betriebsrentensystems. Der Arbeitgeber zahlt für seine Angestellten in einen Fonds ein. Das Superstream-Netzwerk ist wiederum aufgrund der geltenden Rechtslage gegenwärtig der einzige Weg, auf dem Beiträge von einem Arbeitgeber in den jeweiligen Fonds fließen können. Das Netzwerk wird auch genutzt, wenn ein Arbeitnehmer sich entscheidet, seine bisherigen Einzahlungen auf einen anderen Fonds zu übertragen. Es gibt auch Optionen für Selbständige, Teil des Betriebsrentensystems zu werden, mithilfe eines selbstverwalteten Fonds, der durch die gleiche Gesetzgebung reguliert ist.
Wie häufig melden Australier sich an, um ihre Daten einzusehen?
Die Anzahl der Anmeldungen variiert von Anbieter zu Anbieter. Jeder von ihnen betreibt normalerweise sein eigenes Portal, um es seinen Mitgliedern zu ermöglichen, ihre Informationen online einzusehen. Die Anbieter stehen in starkem Wettbewerb zueinander, wenn es darum geht, die Mitglieder dazu zu bewegen, sich mit ihrer Betriebsrente auseinanderzusetzen. Typischerweise ist die Anzahl der Anmeldungen altersabhängig: Menschen, die auf den Ruhestand zugehen, sind eher an ihren Einzahlungen interessiert und wollen wissen, inwieweit diese ihre Wunschrente finanzieren werden. Die große Herausforderung ist die Aktivierung jüngerer Mitglieder, die nicht verstehen, dass die Rentenbeiträge ihrer Arbeitgeber Teil ihrer Gehälter und die Betriebsrenten dementsprechend ihr eigenes Geld sind. Da sie auf dieses Geld allerfrühestens mit 55 zugreifen können, haben sie aktuell kaum Interesse daran.
„Die Initiative wurde von der Industrie angestoßen.“
Welche Akteure waren in die Entwicklung und Umsetzung der Initiative involviert?
Die Superstream-Initiative wurde von der Industrie angestoßen. Das Finanzamt fungierte dabei als Aufseher. Die ursprünglichen acht Superstream-Gateways, die die technologischen Lösungen entwickelt haben, sind unterschiedliche Unternehmen. Dazu gehören wir als Finanzdienstleistungs-Technologieanbieter, außerdem eine Clearinggesellschaft im Besitz einer Bank, eine privat geführte Clearinggesellschaft, ein Buchhaltungssoftware-Anbieter, zwei große australische Betriebsrentenfonds und eine kleine Arbeitgeber-Clearinggesellschaft. Die acht Gateways haben ausgiebig kooperiert, um den Rahmen zu definieren, in dem die Entwicklung, die Erprobung und die Umsetzung des Netzwerkbetriebs durchgeführt wird. Das Finanzamt hat bei der Verwaltung und der Organisation geholfen. Darüber hinaus musste das Finanzamt auch seine eigenen Dienste entwickeln. Dazu gehört der Dienst zur Verifizierung der Identität mithilfe der Steuernummer, die Entwicklung und Pflege des Gesamtregisters aller Fonds und zusätzliche Angebote wie Supermatch. Dabei handelt es sich um einen elektronischen Suchmechanismus, mit dessen Hilfe herausgefunden werden soll, in welche Fonds man bisher eingezahlt hat.
Wie wird die Initiative finanziert?
Jedes Gateway hat die Entwicklung der notwendigen Technologie selbst finanziert. Die Regierung hat seitdem die Aufsicht an eine unabhängige Körperschaft übergeben, die jetzt die Verwaltung und die Organisation übernimmt. Das wird mithilfe der Fonds und durch die Betreiber der Schnittstellen finanziert. Das Finanzamt bezahlt die Entwicklung der hauseigenen Dienstleistungen selbst.
„Jeder Rentenanbieter speichert seine Daten selbst.“
Was waren die größten Probleme, die in der Entwicklungsphase gelöst werden mussten?
Die wahrscheinlich größte Herausforderung während der Entwicklung des Systems war es, die höchste Sicherheitsstufe der Daten zu garantieren und mögliches Hacking zu vermeiden. Das australische Finanzamt prüfte unterschiedliche Sicherheitsprotokolle, die weltweit für den Datenaustausch zwischen Stakeholdern und Regierungen genutzt werden. Am Ende entschied man sich beim Austausch zwischen den Gateways für die sogenannten ebms3As4-Sicherheitsstandards. Seit dem Beginn der Initiative wurde mittlerweile das Standard-Business-Reporting 2-System für die Kommunikation mit dem Finanzamt entwickelt. Dabei handelt es sich um eine authentifizierte Methode, mit deren Hilfe die Gateways direkt mit der Behörde in Austausch treten können.
Wo werden die Informationen gespeichert?
Jeder Rentenanbieter speichert seine Daten selbst. Jeder Arbeitgeber und jeder Anbieter brauchen einen assoziierten Gateway-Partner, der die Daten sicher innerhalb des Netzwerks transportiert und diese mit dem Finanzamt teilt. Die Gateways selbst müssen die Kommunikation bis zu zehn Jahre lang speichern. Die Quelldaten besitzen die Arbeitgeber und die Fonds.
Wie häufig werden die Daten aktualisiert?
Die Daten werden im Netzwerk in Echtzeit aktualisiert, wenn Arbeitgeber Beiträge an einen Fonds überweisen oder ein Beschäftigter den Fonds wechselt. Dafür gibt es Dienstleistungsstandards, die eingehalten werden müssen. Die Aktualisierung der zentralisierten Daten des Finanzamts, also der Renteninformationen seitens der Fonds, erfolgt gegenwärtig jährlich. Ab 2020 wird dies aber mithilfe des Gateway-Netzwerks in kürzeren Abständen stattfinden.
Kathy Taylor-Hofmann ist Leiterin für betriebswirtschaftliche Lösungen beim Schnittstellenanbieter GBST und verantwortlich für die Superstream-Initiative. Sie war vorher bei verschiedenen Finanzinstitutionen angestellt und treibt seit langem die Automatisierung in der Branche voran. Kathy Taylor-Hofmann studierte Mathematik und EDV an der Macquarie Universität in Australien.
GBST ist einer der ersten acht Superstream-Schnittstellenanbieter, die gemeinsam ein sicheres Technologienetzwerk für die Verteilung von Renteninformationen entwickelt und eingeführt haben.
Nachricht an die Redaktion
Senden Sie Hinweise, Lob oder Tadel zu diesem Artikel an die DIA Redaktion.
Ausgewählte Artikel zum Thema
Mehr als 500 Rentenanbieter stellen Daten bereit
Nicht nur in Schweden, sondern auch in den Niederlanden gibt es seit etlichen Jahren ein Online-Portal für die Bündelung der Rentenansprüche aller Bürger. Ein Gespräch mit Titus Sips über die Entstehung dieses Online-Kontos. Wie und wann kam es zur Entwicklung des Portals? Wer war involviert? Die Idee eines Rentenportals wurde 2003 von Gerry Dietvorst, einem […]
Artikel lesenDrei Millionen Schweden nutzen Online-Rentenkonto
Schweden sammelt seit mehr als zehn Jahren Erfahrungen mit einem Online-Rentenkonto für alle Bürger. Was kann Deutschland davon lernen? Ein Gespräch mit Anders Lundström, Geschäftsführer von Minpension.se. Mit welchen Zielen wurde die Webseite entwickelt und seit wann ist sie in Betrieb? Unsere Motivation war es, den Menschen in Schweden ein umfassendes und klares Bild ihrer […]
Artikel lesenZugriff auf die Rentendaten muss ein Gesetz regeln
Großbritannien plant die Einführung eines Online-Rentenkontos. Ein Gespräch mit Rob Yuille zum bisherigen Entwicklungsstand und zur geplanten Funktionsweise dieses Kontos. Rob Yuille ist Leiter Ruhestandspolitik beim Verband der britischen Versicherer (ABI). Wann und aus welchen Gründen wurde die Entwicklung eines Online-Rentenkontos in Großbritannien beschlossen? Bereits vor 20 Jahren wurde der erste Versuch zur Etablierung eines […]
Artikel lesenIn Großbritannien wird Altersvorsorge bald digital
Rentenplanung? Gibt es da nicht eine App für? In Großbritannien wird diese Frage schon bald bejaht werden können. Im April stellte Simon Kirby, der Staatssekretär für Wirtschaft des britischen Finanzministeriums, den Prototyp für ein Onlineportal vor, auf dem Sparer ab 2019 mit einem Klick ihre Rentenansprüche sehen. Auf der anderen Seite des Ärmelkanals scheint der Brexit […]
Artikel lesen