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    Private Altersvorsorge

    In die eigenen Hände genommen: So schließt sich die Rentenlücke.

    Private Altersvorsorge | 2.2.2012 Drucken

    Altersvorsorge aus dem Netz

    Der Vorstand der ARGE Netz, Dr. Martin Grundmann, möchte im System der Altersvorsorge eine vierte Säule anbauen.

    Zwar spielte bei seiner Idee des „Bürgernetzes“ in erster Linie die Akzeptanz für den Bau neuer Stromtrassen die entscheidende Rolle, aber er machte zugleich deutlich, dass solche Investitionen, auf breite Schultern verteilt, als Kapitalanlage für die Altersvorsorge taugen.

    Altersvorsorge aus dem NetzDie Finanzierung hakt

    Das ist die Milliardenfrage: Woher kommt das Geld für die Energiewende? Zwar kursieren verschiedene Prognosen, aber sie haben alles eines gemeinsam: Es handelt sich um ziemlich große Zahlen. Nach einer Schätzung des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit summieren sich bei einer Verdopplung des Anteils der erneuerbaren Energien die erforderlichen Investitionen in den kommenden zehn Jahren auf bis zu 200 Milliarden Euro. Andere Schätzungen reichen sogar bis 235 Milliarden Euro. Nach den Berechnungen der Bundesnetzagentur kostet allein der Netzausbau in den nächsten 15 Jahren 20 bis 25 Milliarden Euro.

    Längst ist aber eines klar: Es hakt bei der Finanzierung. So kommt zum Beispiel die Anbindung der im Bau befindlichen Offshore-Windkraftanlagen nicht voran, weil der verantwortliche Netzbetreiber Tennet offenkundig nicht in der Lage ist, die erforderlichen Investitionen aus eigener Kraft zu stemmen. Aber Tennet ist kein Einzelfall. In jüngster Zeit mehren sich die Anzeichen, dass die Finanzierung der erforderlichen Summen für die Energiewende Schwierigkeiten bereiten könnten, stellten Claudia Kemfert und Dorothea Schäfer vom DIW Berlin fest.

    Auf der anderen Seite suchen institutionelle und private Investoren, die langfristig zu Altersvorsorgezwecken Geld anlegen, derzeit angesichts der andauernden Niedrigzinsphase händeringend nach Kapitalanlagen mit einer angemessenen Verzinsung. Investitionen in den Netzausbau liefern Renditen, die durchaus die Erwartungen dieser Investoren befriedigen. Die Erlöse, die mit Kapitalbeteiligungen am Netzausbau erzielt werden können, hängen von verschiedenen Faktoren ab, der wichtigste darunter ist die von der Bundesnetzagentur vorgegebene Obergrenze für die Eigenkapitalverzinsung, die jeweils für eine fünfjährige Regulierungsperiode vorgegeben wird. Ab dem Jahr 2014 beträgt die maximale jährliche Eigenkapitalverzinsung bei neuen Investitionen in Stromnetze 9,05 Prozent pro Jahr vor Steuern. Zuvor lag dieser Wert bei 9,29 Prozent.

    Schwer schlagbare Rendite-Alternative

    Zwar ist die tatsächliche Verzinsung für die Anleger mit großer Wahrscheinlichkeit unter dem Strich geringer, weil auch Betriebskosten, Darlehenskosten und die Einnahmen aus dem Netz in das betriebswirtschaftliche Ergebnis eingehen, aber es würde zumindest eine Obergrenze erreicht, die für Investoren aus dem Altersvorsorgebereich erkennbar über dem liegen, was derzeit mit nutzbaren Alternativen möglich ist.

    Bleibt die Frage, finden Altersvorsorge und Netzausbau tatsächlich zusammen? Mitte August kursierten bereits Meldungen, wonach die beiden großen Versicherungskonzerne Allianz und Münchner Re Interesse an der Übernahme und dem Ausbau des Tennet-Netzes signalisiert hätten. Der Netzbetreiber Tennet muss schätzungsweise 15 Milliarden Euro in Deutschland investieren, was ihn offenkundig erheblich überfordert. Zwar wollten niemand die Übernahmegerüchte bestätigen, aber das Interesse der Versicherer an Infrastrukturinvestitionen ist bekannt. Sie sehen darin einen Ersatz für die klassischen Kapitalanlagen in festverzinsliche Wertpapiere, die bei weitem nicht mehr die erforderlichen Erträge abwerfen. Bislang hielten sie von größeren Investitionen im Energiebereich vor allem ungeklärte Haftungsfragen und gegebenenfalls Anlagegrenzen ab.

    Bürgerfonds als Finanzierungsquelle

    Über die Portfolios der Versicherer fänden die Erträge aus dem Netzausbau in die langfristige Finanzierung von Altersvorsorgeverpflichtungen. Doch solche indirekten Investitionen müssen längst nicht die einzige Form sein, wie mittels Altersvorsorge die Energiewende finanziert wird. So brachte Valerie Wilms, Bundestagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen, neben Pensionsfonds auch „Bürgerfonds“ für die Bereitstellung von Kapital ins Gespräch. Zuvor forderte sie allerdings die Gründung einer deutschen Netzgesellschaft mit qualifizierter Minderheitsbeteiligung des Bundes, wodurch die bisherige Aufteilung auf vier getrennte Netzbetreiber überwunden werden soll.

    Die Idee des „Bürgerfonds“ erfordert aber gar keine Netz-Zentralisierung. Das wird wahrscheinlich noch bis zum Jahresende die ARGE Netz GmbH & Co KG demonstrieren, die vor mehr als drei Jahren gegründet worden ist und der rund 200 Erneuerbare-Energie-Unternehmen aus ganz Schleswig-Holstein als Gesellschafter angehören. Ein Hauptziel dieses Unternehmens ist die Forcierung des Netzausbaus, um den im Norden erzeugten Strom zu den Verbrauchern in anderen Landesteilen zu transportieren.

    „Bürgernetz Westküste“ als Prototyp

    Unter Federführung ihres Geschäftsführers Dr. Martin Grundmann entwickelte die ARGE Netz das Konzept für ein sogenanntes „Bürgernetz“. Den Anstoß dafür lieferte weniger der Bedarf an Investitionskapital, sondern das Ziel unter den vom Netzausbau unmittelbar betroffenen Bürgern eine größere Akzeptanz zu erreichen. So gab es bereits beim Bau von Windparks weniger öffentliche Auseinandersetzungen, wenn die Anwohner aus der Umgebung an den Investitionen und somit den wirtschaftlichen Erträgen beteiligt wurden.

    Mit der Günes Bürgernetz Westküste GmbH & Co. KG überträgt die ARGE Netz diese Erfahrung nun auf den Netzausbau. Angesichts der sehr langfristigen Investition und der kontinuierlichen Erträge aus Stromnetzen hat Dr. Martin Grundmann im Zusammenhang mit dem Bürgernetz schon mal den Begriff „4. Säule der Altersvorsorge“ ins Spiel gebracht. Bei der Westküstentrasse geht es um maximal 200 Millionen Euro Investitionsvolumen, 40 Prozent davon, also 80 Millionen sollen als Eigenkapital aufgebracht werden, der Rest über Bankkredite.

    Die Attraktivität eines solchen Bürgernetzes und damit zugleich sein Einsatz als eine ergänzende Anlageform für die Altersvorsorge hängt wesentlich von der Ausgestaltung des eigentlichen Beteiligungskonzeptes ab. Mit anderen Worten: Wie einfach wird es den Bürgern gemacht, sich an der Trägergesellschaft zu beteiligen? Einige Bedingungen hat Grundmann bereits in einem Positionspapier, das im Juli 2012 für den Windcomm Schleswig-Holstein e. V. angefertigt wurde, aufgelistet. So sollte die Stückelung nicht zu groß sein, das Positionspapier nennt 1.000 Euro pro Anteilschein als praktikable Untergrenze. Aus Sicht der ARGE Netz sollten außerdem die regionalen Banken und Sparkassen für den Vertrieb der Anteilscheine gewonnen werden, um möglichst viele Menschen mit diesem Angebot zu erreichen. Außerdem ist die Einbeziehung regionaler Finanzmakler vorgesehen.

    Unkomplizierte Lösungen gefragt

    Das Konzept der Grünes Bürgernetz Westküste GmbH & Co. KG besitzt also einen starken regionalen Bezug, worauf auch die Ausgabe der Beteiligungen in mehreren Tranchen hinweist. So wird es einen „Westküstenbonus“ für die Bürger aus jenen Landkreisen geben, durch die die neue Stromtrasse führt.  Erst danach sollen schleswig-holsteinische Bürger und Unternehmen zeichnen können. In einem dritten Schritt wird die Beteiligung dann auch außerhalb Schleswig-Holsteins angeboten.

    Der Nachteil eines Modells, wie es von der ARGE Netz favorisiert wird: Beteiligungen an einer GmbH & Co. KG sind etwas aufwändig in der Abwicklung. Außerdem wird man damit nur Anleger gewinnen können, die einem unternehmerischen Engagement bereits mehr oder weniger aufgeschlossen gegenüberstehen. Beides schränkt die Verbreitung für die Altersvorsorge erheblich ein. Allerdings sollte die Bereitschaft zu Investitionen in die Energiewende auch nicht unterschätzt werden. So entfällt die installierte Leistung zur Stromerzeugung aus erneuerbarer Energie zu 40 Prozent auf Privatpersonen und zu weiteren elf Prozent auf Landwirte.

    Bedenkt man, dass auch die Anlagen von Banken, Fonds und Projektierern zu einem erheblichen Teil letztlich von Einzelpersonen finanziert werden, so ist sind die Erneuerbare-Energie-Anlagen schätzungsweise zu mehr als zwei Dritteln bereits in Bürgerhand, obwohl es sich dabei wahrscheinlich um eine spezielle Klientel handelt. Die Energieversorger selbst haben gerade einmal 14 Prozent der installierten Leistung finanziert. Die Bereitschaft zu Investitionen ist also durchaus vorhanden. Eine vergleichbare Entwicklung wäre beim Netzausbau vorstellbar, vorausgesetzt es gelingt, eine Partizipationsform zu finden, die einfach, transparent, verständlich und mit wenigen internen Kosten belastet ist.

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