Wie lange kann das noch so weitergehen?
Er hatte lange Anlauf genommen, dann schaffte es der Dax mal wieder über die 13.000 Punkte. Während die Börsen feiern, in den USA sogar mit Rekordständen, bleibt eine Frage unbeantwortet: Wie lange kann das noch so weitergehen?
Die Standardantwort der Chefvolkswirte und Analysten lautet: so lange Aktien alternativlos sind. Also so lange, wie mit Zinspapieren nichts zu verdienen ist.
So lange die Notenbanken die Zinsen so niedrig halten. Diese Betrachtung hat einiges für sich, schwächelt aber in zwei wesentlichen Punkten. Zum einen: mit Zinspapieren war nicht wenig, sondern enorm viel Geld zu verdienen. Nicht für denjenigen, der die Papiere wegen des Kupons kauft und bis zur Endfälligkeit hält. Wer aber Rentenpapiere wegen möglicher Kurssteigerungen kaufte, hat mit Sicherheit ganz gut verdient. Zum anderen: eine hohe und mit billigem Geld gepuschte Nachfrage hat alle Aktien steigen lassen. Die Bewertung mancher Unternehmen ist so hoch, dass selbst in Jahrzehnten der Einstiegspreis nicht aus den Dividenden zurückverdient werden kann.
Aktien und Anleihen sind teuer geworden
Die beiden Punkte zusammengenommen bedeuten jetzt vor allem eines: Rentenpapiere wie Aktien sind stark im Kurs gestiegen. Sie sind teuer. Irgendwann werden die Investoren das merken. Irgendwann verkauft jemand, weil er nicht mehr an weitere Gewinne glaubt. Was dann?
Dann wird es für Anleger so richtig bitter. So wie die Kurse von Aktien und Renten gleichermaßen nach oben liefen, so werden sie auch parallel nach unten gehen. Verluste auf der einen Seite sind dann nicht mehr durch Gewinne auf der anderen aufzuholen. Das bedeutet: Kursverlust durch Ausverkauf.
Die Angst, zu früh auszusteigen
Höhere Zinsen wären ein Auslöser, aber auch eine der vielen Krisen weltweit. Kriege oder Klimakatastrophen waren noch nie gut fürs Geschäft und drücken böse auf die Stimmung. Angesichts der Vielzahl an Krisen ist es verwunderlich, dass die Märkte so steigen. Etwas mehr Zurückhaltung wäre schon angebracht. Aber noch hat der Giermodus die Märkte fest im Griff. Jeder hat Angst, zu früh auszusteigen. Zudem stehen wir gerade in dem Halbjahr (November-April), in dem historisch die Märkte fast immer stiegen. Insofern ist es durchaus schlau, zunächst mitzumachen und im Markt zu bleiben. Danach gilt dann „Sell in May an go away“.
Niemand will derzeit einen Crash
Wann endet der Anstieg? Die wirtschaftlichen Aussichten drehen schon. Die Zinsen können wohl kaum noch sinken. Die Krisen nehmen zu. Jetzt müsste man sagen: „Ich bin ja kein Crash-Prophet, aber….“. Doch das wäre noch zu früh. Noch vor einigen Jahren hätte eine solche Konstellation einen großen Crash ausgelöst. Heute aber arbeiten alle Marktteilnehmer Hand in Hand daran, es nicht soweit kommen zu lassen. Es gibt einfach niemanden, der den Crash will.
Obwohl: vor die Wahl gestellt, aus dem Amt gejagt zu werden oder die eigenen Leute angesichts einer (Börsen)-Krise hinter sich zu versammeln, könnte der ein oder andere Machthaber schon auf die Idee kommen, den Crash auszulösen. Hoffen wir, dass dies nicht geschieht.
Gastautor Uwe Zimmer ist Geschäftsführer der Fundamental Capital GmbH in Köln.
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