Währungsprobleme betreffen auch uns in Europa
Karl-Heinz Geiger, Geschäftsführer der SVA Vermögensverwaltung Stuttgart, erklärt im DIA-Interview, warum der Währungsverfall in Schwellenländern wie der Türkei für uns zum Problem werden könnte.
Warum ist ein starker Dollar für die Emerging Markets gefährlich?
Schwellenländer sind oft hoch im Ausland verschuldet. Wenn der Dollar im Vergleich zur Landeswährung teurer wird, können Zinszahlungen oder Fälligkeiten immer schwieriger bedient werden, denn die müssen in der Regel in der US-Währung beglichen werden. Zudem steigen die Preise vieler Importprodukte oder Rohstoffe wie Erdöl, was den Geldwert im Inland zusätzlich sinken lässt. In so einer schwierigen Situation fließt zudem Geld schnell ins Ausland ab, denn Investoren scheuen grundsätzlich Risiken. Das wiederum erschwert die Kreditaufnahme für Unternehmen.
Versteckt sich hier ein wirtschaftliches Risiko für uns?
Tatsächlich sind viele Emerging Markets-Länder gerade auch in Europa verschuldet. Sollte es tatsächlich zu Zahlungsausfällen kommen, könnte das die bereits erkennbare Schieflage in so manchem Nachbarstaat wie Spanien oder Italien verstärken. Das würde wahrscheinlich dazu führen, dass die expansive Geldpolitik der EZB fortgesetzt wird. Aber wie lange solche Geldspritzen noch ohne massive Nebenwirkungen wie Inflation möglich sind, weiß keiner so genau.
„In Europa läuft ein flächendeckendes Experiment.“
Können wir uns im Euroraum auf eine moderate Inflation verlassen?
Noch hat die Europäische Zentralbank keinen wirklichen Plan, wie sie aus der expansiven Geldpolitik aussteigen will. Im Endeffekt läuft in Europa noch immer ein flächendeckendes Experiment und es bleibt abzuwarten, ob es der EZB gelingen wird, den Geldstrom ohne Schwierigkeiten zu drosseln. Hier könnte es durchaus auch zu einem kräftigen Anziehen der Inflation kommen.
Sind solche Schwierigkeiten, wie sie derzeit etwa in der Türkei zu beobachten sind, auch für uns in Deutschland ein Problem?
Ja, denn vor allem deutsche Mittelständler exportierten für rund 21 Milliarden Euro Waren in die Türkei. Wenn durch die Preisverschiebungen dieser Absatzweg immer schwieriger wird, bedeutet das spürbare Umsatzeinbußen.
Aber lässt sich die schwache Lira nicht auch für Investitionen nutzen, um zum Beispiel ein Haus am Strand jetzt in Euro günstig zu kaufen?
Klar, da kann es jetzt Schnäppchenchancen geben und ein Investment langfristig funktionieren. Aber dazu sollte man sich sehr gut im lokalen Immobilienmarkt auskennen. So ein Währungsverfall, bei dem die Waren für die Inlandsbevölkerung immer teurer und konjunkturfördernde Kreditaufnahmen immer schwieriger werden, kann zudem über kurz oder lang ein Land destabilisieren. Dieses politische Risiko sollten Schnäppchenjäger nicht vergessen.
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