„Vermögen vor Epoche der Inflation schützen“
Die Zeiten immer günstigerer Verbraucherpreise sind vorbei, sagt Markus Steinbeis, Geschäftsführender Gesellschafter bei der Steinbeis & Häcker Vermögensverwaltung GmbH. Es gilt, das Ersparte so zu investieren, dass es mit der Inflation real mitwächst.
Sollten Anleger die Inflation entspannter betrachten?
Nein, es spricht viel dafür, dass wir am Anfang einer inflationären Epoche stehen. Die letzten Jahrzehnte waren geprägt von Globalisierung und Automatisierung, aber auch von einem günstigen politischen Umfeld wie dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Beitritt Chinas zur Welthandelsorganisation. Strukturelle Prozesse wie etwa erweiterte Lieferketten und Verlagerung der Produktion in Niedriglohnländer haben dazu geführt, dass viele Produkte für die Verbraucher günstiger wurden. Aber diese Effekte verlieren gerade an Bedeutung. Genau genommen war wahrscheinlich diese desinflationäre Phase, auch wenn sie lange gedauert hat, eine Anomalie und wir kehren gerade zur Normalität zurück.
Was ist heute anders?
Schon seit einigen Jahren wird der Großkonflikt zwischen den USA und China immer stärker spürbar. Das führt letztlich dazu, dass der Film der Globalisierung ein Stück weit rückwärts abläuft. Sanktionen, Embargos, politische Handelshemmnisse und auch die Erfahrung von Lieferkettenproblemen in der Coronapandemie führen dazu, dass sich Unternehmen wieder stärker regionalisieren. Das verursacht massive Kosten.
iPhone made in USA wäre deutlich teurer
Aber was hat das alles mit unserer Inflation zu tun?
Wenn Unternehmen wieder auf Lagerhaltung statt Just-in-time setzen oder Produktion aus dem günstigen Ausland zurück ins Heimatland holen, macht das die Waren für die Verbraucher teurer. Ein prominentes Beispiel: Wenn Apple seine iPhone-Produktion von China nach Indien verlagert, kostet das allein schon Geld. Aber wenn die Lage in der Region noch ungemütlicher wird und die Produktion der Smartphones immer mehr im Mittleren Westen erfolgt, wird das die beliebten Smartphones sicher noch deutlich teurer machen.
Welche Faktoren spielen hier noch eine Rolle?
In vielen Bereichen sind Rohstoffe, unter anderem aufgrund von fehlenden Investitionen in Abbaukapazitäten, knapp. Gleichzeitig wollen wir das Klima schützen und die Dekarbonisierung vorantreiben, was große Investitionsanstrengungen erfordert. Zusätzlich führt die demographische Entwicklung dazu, dass durch die Überalterung der Gesellschafft Fachkräfte ein immer knapperes und damit auch kostspieligeres Gut werden. Das alles sind keine kurzfristigen Ereignisse, sondern langfristige strukturelle Entwicklungen, die für steigende Preise sprechen.
Niemand sollte einer Nominalzinsillusion erliegen
Was rentiert sich unter diesen Vorzeichen als Anlage nicht mehr?
Mit sicheren Zinserträgen real Vermögen zu erhalten, wird auf absehbare Zeit nicht möglich sein. Wer sich heute über zwei oder drei Prozent auf dem Tagesgeldkonto freut, muss verstehen, dass er unter dem Strich nicht besser oder sogar schlechter dasteht als in der Nullzinsphase mit noch geringen Inflationsraten. Niemand sollte einer Nominalzinsillusion erliegen. Letztlich kann man sich in beiden Fällen über die Jahre immer weniger für das Vermögen kaufen, da die Preise schneller steigen, als das durch Zinserträge ausgeglichen wird.
Mit Expertise die Inflationsgewinner identifizieren
Wie investiert man in mögliche Inflationsgewinner?
Interessant sind hier zum Beispiel Aktien von Unternehmen, die Preissetzungsmacht haben, weil sie als einer von ganz wenigen etwas Wichtiges herstellen können oder Zugang zu knappen Rohstoffen haben. Aber auch Geschäftsmodelle, die eine wenig preissensitive Kundengruppe ansprechen, wie etwa Luxusmarken, kommen mit Inflation in der Regel gut zurecht. Grundsätzlich können auch Edelmetalle und Rohstoffe helfen, Vermögenswerte in Inflationszeiten zu erhalten. Aber das ist hier nur einer von vielen Faktoren bei der Preisfindung. Es braucht für erfolgreiche Investitionen in diese Märkte Expertise, ähnlich wie beim Klassiker Immobilien. Nicht jedes Betongold schützt Vermögenswerte. Das ist nüchtern betrachtet sehr heterogen und abhängig von der Lage, Nutzungsart und vom Erhaltungsaufwand.
Was ist das derzeit wichtigste Grundprinzip, um Vermögen vor der Inflation zu schützen?
Wer Vermögen real erhalten will, wird das eher als Eigentümer und nicht als Gläubiger schaffen. Geld hauptsächlich gegen sichere Zinsen zu verleihen, was immer noch viele deutsche Bankkunden auf Sparbüchern, Festgeldkonten und Co. machen, wird in Inflationszeiten gnadenlos bestraft. Diese Sparer werden letztlich enteignet. Im Prinzip muss das Kapital mit der Inflation mitwachsen. Das gelingt mit Dingen, die auch zukünftig knapp und gefragt sein werden.
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