Sammeln statt sparen – Geldanlage alternativ?
Schöne Dinge sammeln statt Negativzinsen und reale Verluste auf dem Sparkonto. Das klingt gut und kann funktionieren. Aber es braucht Expertise und Leidenschaft, damit so eine Anlagealternative am Ende wirklich rentabel ist.
Es ist ein Trauerspiel. Die Geldanlage auf Sparbüchern, Festgeldkonten und Co. bringt bei den meisten Anbietern deutlich unter einem Prozent Zinsen, wenn nicht sogar Strafgebühren ein. Gleichzeitig hat die Inflation in Deutschland im November 2021 die Fünf-Prozent-Hürde genommen.
Kein Wunder, dass Sparer nach Alternativen suchen und selbst nicht ganz alltägliche Anlageformen in Betracht ziehen. Warum nicht ewig wertbeständige Diamanten kaufen oder das flüssige Gold schottischer Whiskybrennereien als Anlageobjekt ins Regal stellen? Tatsächlich ist die Wertentwicklung von Gemälden, Edelsteinen oder hochwertigen Schnapsraritäten zumindest auf den ersten Blick oft sehr attraktiv. Prominentes Beispiel war gerade das Bild „Diego y yo“ von Frida Kahlo. Im Jahr 1990 erzielte es einen Preis von 1,4 Millionen Dollar, im November 2021 ging es für unglaubliche 34,9 Millionen Dollar an einen neuen Besitzer. Aber eignen sich solche begehrten Objekte wirklich zur Geldanlage, um Vermögen über lange Zeiträume zu erhalten?
Enge Märkte und viele Unsicherheiten
„Ob sich ein Sammlerstück in Zukunft überhaupt und dann auch noch mit Gewinn verkaufen lässt, hängt von sehr vielen Faktoren ab und lässt sich selbst von Experten kaum vorhersagen“, warnt Claus Walter, Vorsitzender der Geschäftsleitung der Freiburger Vermögensmanagement (FVM). Der erzielbare Preis ist, wie auch bei Aktien, abhängig von Angebot und Nachfrage. Aber je spezieller ein alternatives Anlageobjekt ist, desto enger ist der Markt. Es finden sich also manchmal nur wenige oder gar keine Interessenten. Das kann den Preis drücken oder Objekte sogar zumindest zeitweise unverkäuflich machen.
Beimischung, aber keine Alternative
Hinzu kommen wechselnde Trends. Wer kann schon sagen, ob die derzeit gehypten und in Versteigerungen hochprofitablen digitalen Kunstwerke in zehn Jahren überhaupt noch nachgefragt werden? „Das heißt nicht, dass es keine gute Idee sein kann, einen kleinen Teil des eigenen Vermögens in Liebhaberstücke zu stecken, an deren Besitz man Freude hat“, sagt Claus Walter. Aber eine wirkliche Alternative zu einer umfassenden strategischen Vermögensallokation sind sie für ihn nicht. „Hier ist eine Mischung gut handelbarer Aktien, Fonds, ausgewählter Rentenpapiere oder Investmentedelmetalle besser geeignet, um Vermögen langfristig zu erhalten und trotzdem bei der Geldanlage flexibel zu bleiben“, rät der FVM-Anlagefachmann.
Große Unterschiede zwischen An- und Verkaufspreis
Selbst Diamanten, denen der Ruf der Ewigkeit anhaftet, sind als Investment keine ganz unkomplizierte Anlageform. Anders als zum Beispiel bei Gold ist die Preisfindung bei Edelsteinen ein hochkomplexer Prozess. Selbst für geprüfte und zertifizierte Investmentdiamanten findet sich nicht immer gleich ein Käufer und noch komplizierter ist das bei Schmuckstücken. In der Regel unterscheiden sich An- und Verkaufspreis deutlich. Anders gesagt, wer einen teuren Diamantring kauft, verliert schon beim Bezahlen meist ordentlich Geld – kein guter Start für ein Investment.
Schicksal der Briefmarkensammler als Mahnung
Interessanter können hochwertige Whiskys sein, deren Preisniveau steigt seit einigen Jahren. „Aber für so eine Sammlung braucht es viel Fachwissen, damit sie als Investment funktioniert“, sagt Heiko Löschen, Vermögensverwalter bei der GSP asset management GmbH in Münster. Es gilt Fälschungen zu erkennen, optimale Lagerbedingungen zu schaffen und die zukünftige Nachfrage richtig einzuschätzen. „Das Schicksal von Briefmarkensammlern oder Telefonkartenliebhabern sollte eine Lehre sein“, warnt der Investmentfachmann. „Der Zeitgeist hat sich gewandelt und die Nachfrage stirbt in diesen Bereichen buchstäblich weg, ohne dass viele neue Sammler nachwachsen.“ Er empfiehlt, nur bei einer insgesamt gut aufgebauten Vermögenssituation Geld in so etwas fließen zu lassen. „Selbst dann würde ich für eine vernünftige Risikostreuung höchstens zehn Prozent meines Vermögens in ein Einzelthema wie eine Whiskysammlung investieren.“
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