Nachranganleihen: Chancen und Risiken im Niedrigzinsumfeld
Das Aufspüren einer attraktiven Realrendite im Niedrigzinsumfeld treibt Bondinvestoren mittlerweile den Angstschweiß auf die Stirn.
Bei der Suche nach höher rentierlichen Anlageklassen rücken zwangsläufig Nachranganleihen ins Blickfeld der Anleger. Zunächst sollte geklärt werden, was sich eigentlich hinter Nachrangtiteln verbirgt.
Bei einer Nachranganleihe ist das Gläubigerrecht nachrangig eingeräumt. Im Falle einer Zahlungsunfähigkeit eines Emittenten werden alle anderen Gläubiger vor den Nachrangigen bedient. Im Zweifelsfall kann die Konkursmasse dann zur Bedienung der nachrangigen Schulden nicht mehr ausreichen. Somit erkaufen Anleger sich mit den meist deutlich besser verzinsten Nachrangpapieren auch ein wesentlich höheres Emittentenrisiko. Gute Bonität ist also obligatorisch.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Fälligkeitsstruktur. Nachranganleihen sind mit einer sehr langen, meist unendlichen Laufzeit begeben. Auch wenn die europäische Zentralbank die Leitzinsen seit geraumer Zeit nicht mehr angehoben hat, sollten Anleger mögliche künftige Zinsanhebungen im Blick haben. Zinsänderungen wirken sich überproportional auf den Kurs von langlaufenden Festkuponanleihen aus. Steigende Zinsen bei einer unendlichen Laufzeit werden somit zu erheblichen Kursrückgängen führen. Fallende Zinsen wirken entsprechend spiegelverkehrt.
Ein Blick in die Emissionsbedingungen des jeweiligen Wertpapiers ist zudem unverzichtbar. Oftmals ändern sich die Zahlungsbedingungen und aus einer festverzinslichen wird beispielsweise eine variable oder niedriger verzinste Anleihe. Es kommt auch vor, dass die Zinszahlung von der Gewinnsituation des Unternehmens abhängig gemacht wird. Fällt die Dividende aus, dann fällt auch die Zinszahlung aus und wird je nach Ausgestaltung nicht mehr nachgeholt. Ebenso wichtig ist die genaue Prüfung des vorzeitigen Kündigungsrechts des Emittenten.
Der Finanzsektor hat in den vergangenen Jahren das höchste Volumen bei Nachranganleihen begeben, da Banken und Versicherungen diese Papiere bis 2013 als Eigenkapital in ihrer Bilanz führen durften, obwohl Bonds bilanziell eigentlich Fremdkapital darstellen. Ab 2013 traten mit Basel III und Solvency II Reformen in Kraft, die neue Mindestanforderungen an das Kernkapital von Banken und Versicherungen stellten.
Die Risiken nicht unterschätzen
Nachranganleihen dürfen von den Instituten bis Ende 2019 nur noch teilweise zum Eigenkapital gezählt werden. Das hat zur Folge, dass Banken und Versicherungen die aus ihrer Sicht nun bilanziell teuren Zinspapiere teilweise deutlich früher aufkündigen. Hierin besteht eine Renditechance für Anleger, wenn diese Anleihen deutlich unter dem Rückzahlungskurs notieren.
Auf welche Risiken sich Marktteilnehmer bei den Nachrangpapieren noch einstellen müssen, zeigt uns die jüngere Vergangenheit. Als im Herbst 2015 die Ungewissheit einer Konjunkturabkühlung in China sowohl die Rohstoffmärkte als auch die Aktienmärkte stärker unter Druck brachte und die nachfolgende Diskussion über eine bevorstehende Wende in der ultra expansiven Geldpolitik der amerikanischen Notenbank die Runde machte, wurden auch die Anleihennotierungen in Mitleidenschaft gezogen.
Nur für sehr erfahrene Anleger geeignet
Die negativen Korrelationen zwischen Aktien und Anleihen funktionierten nicht mehr wie gewohnt. Die Erwartung erhöhter Ausfallwahrscheinlichkeiten spiegelte sich besonders bei den industriellen Nachrangtiteln wider. Der VW-Skandal brachte die solide geglaubten Automobilanleihen vorübergehend sogar auf Schnäppchenniveau, während sich die Anleihen der Finanzindustrie zunächst noch besser hielten. Diese kamen aber durch die Krise der Deutschen Bank und die in Schieflage befindlichen italienischen Banken unter Druck.
Mittlerweile hat sich die Situation aufgrund der Erholung der Rohstoffpreise sowie der Ankündigung der EZB im März 2016, neben Staatsanleihen auch Unternehmensanleihen in ihr Anleihekaufprogramm aufzunehmen wieder deutlich entschärft. Als Fazit bleibt festzuhalten, dass ein Investment in Nachranganleihen nur etwas für den sehr erfahrenen Anleger ist.
Ab und zu schreiben Experten für das Deutsche Institut für Altersvorsorge (DIA), die nicht zum Kernteam gehören. Aber was bedeutet das schon. Gäste empfängt man immer am wärmsten.
Wie Jan-Patrick Weuthen. Er ist Senior Portfoliomanager bei der B&K Vermögen GmbH in Köln.
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