Immobilien 2021: Eher Wohnen als Gewerbe
Die Corona-Pandemie verstärkt Trends wie Home-Office oder Online-Shopping. Das beeinflusst auch den Ausblick auf die Immobilienmärkte.
„In den vergangenen Jahren konnten Anleger mit Immobilien kaum etwas falsch machen“, meint Rainer Laborenz von der Azemos Vermögensmanagement GmbH in Offenburg. „Aufgrund des immer niedrigeren Zinsniveaus sind in fast allen Marktsegmenten die Preise geklettert.“
Auch im Jahr 2021 ist mit anhaltend niedrigen Zinsen zu rechnen. Damit dürfte die Nachfrage nach Sachwerten wie Immobilien hoch bleiben. Allerdings verstärkt die Corona-Pandemie auch einige bestehende Trends, die erheblichen Einfluss auf den Immobilienmarkt haben könnten.
Laut dem Handelsverband HDE zum Beispiel gingen die Umsätze im stationären Handel von März bis Mai 2020 um zehn Prozent zurück, während der Onlinehandel im Gegenzug 20 Prozent mehr umsetzte. „Das trifft den stationären Einzelhandel ins Mark und ich kann mir schon vorstellen, dass wir im kommenden Jahr verstärkt Insolvenzen sehen werden“, stellt Wolfgang Köbler von der KSW Vermögensverwaltung fest. „Ich rechne bei Einzelhandelsimmobilien deshalb mit sinkenden Preisen und Renditen.“
Weniger Nachfrage nach Büroflächen
Aber auch der Büromarkt ist betroffen. So arbeiteten laut dem Datenanbieter Statista vor Corona 61 Prozent der Menschen im Büro und nur 39 Prozent zeitweise zu Hause. Jetzt hat sich das Verhältnis umgekehrt. Etwa 80 Prozent der Arbeitsplätze könnten Heimarbeitsplätze sein. Dass dieses Modell Schule macht, kann sich Rainer Laborenz gut vorstellen. „Einerseits haben viele Mitarbeiter die Vorzüge des Home-Office schätzen gelernt. Andererseits sehen die Firmen, dass es funktioniert und sie zugleich Kosten einsparen“, sagt er.
Langfristig geht er deshalb davon aus, dass die Nachfrage nach Bürofläche sinkt. Das würde sich dann negativ auf dieses Segment auswirken. Ebenso beurteilt das Wolfgang Köbler. „Noch stellen wir zwar keine abnehmenden Preise durch den Home-Office-Trend fest. Ich glaube auch nicht, dass es einen massiven Einbruch, so wie ihn manche Experten vorhersagen, geben wird“, sagt er. Mit Preisrückgängen und sinkenden Renditen sollten Anleger aber auf jeden Fall rechnen.
Andere Situation bei Wohnungen
Etwas optimistischer beurteilen die Experten dagegen den Wohnbereich. „Natürlich unterstützt das niedrige Zinsniveau den Markt für Wohnimmobilien“, macht Köbler klar. Zudem verweist er darauf, dass gerade in den Metropolen die Nachfrage noch immer das Angebot übertrifft. „Preisrückgänge können wir aktuell in diesem Segment noch nicht feststellen und ich gehe auch für das kommende Jahr nicht davon aus“, erklärt der Experte weiter.
Anlageprofi Laborenz schließt, zumindest kurzfristig, nicht aus, dass die sehr expansive Geld- und Fiskalpolitik Wohnimmobilien einen Schub verleiht. Dagegen ist er längerfristig auch hier eher skeptisch. „Sie müssen bedenken, dass wir nach Corona, wenn die massive staatliche Unterstützung zurückgefahren wird und das Insolvenzrecht wieder in Kraft tritt, mehr Unternehmenspleiten und in der Folge eine steigende Arbeitslosigkeit sehen werden“, sagt der Experte. „Dann wird die Zahl derer, die bereit und in der Lage sind, hohe Preise und Mieten für Wohnungen zu bezahlen, abnehmen.“
Die goldenen Zeiten sind erst einmal vorüber
Die Preisanstiege der vergangenen Jahre dürften deshalb auch bei Wohnimmobilien erst einmal vorbei sein. Zudem verweist Köbler auf die politische Seite. „Wie zuletzt in Berlin kann schon möglich sein, dass Immobilieneigentümer von regulatorischer Seite weiter beschnitten werden und die finanziellen Belastungen, Stichwort Grundsteuer, eher steigen“, sagt er. „Immobilienanleger sollten das ebenfalls berücksichtigen.“ Mit anderen Worten: Die goldenen Zeiten am Immobilienmarkt, in denen sinkende Zinsen und eine steigende Nachfrage die Preise zum Teil massiv nach oben getrieben haben, scheinen also erst einmal vorbei zu sein. Wer jetzt in Immobilien investiert, muss Chancen und Risiken eines Objekts deshalb sehr genau abwägen.
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