Greenwashing lässt sich enttarnen
Privatanleger achten neben der Rendite auch immer mehr auf Nachhaltigkeit. Welche Finanzprodukte eignen sich dafür? Woran erkennt man seriöse Angebote und woran Greenwashing?
Bei der Auswahl von nachhaltigen Anlagen gilt es auch, sich selbst vor Greenwashing zu schützen, indem man auf Qualitäts- und Transparenzstandards achtet.
Der Begriff, ins Deutsche oft einfach als „Grünwaschen“ übersetzt, bezeichnet die Praxis, Produkte als besonders grün oder nachhaltig zu kennzeichnen, die diese Bezeichnung gar nicht verdienen, und damit den Verbraucher zu täuschen. Nicht jeder Anbieter, der Nachhaltigkeit draufschreibt, ist auch wirklich ambitioniert.
Doch es gibt Unterstützung für Anleger: Sie können den Transparenzkodex des europäischen Nachhaltigkeitsverbands Eurosif zurate ziehen. So können sie schnell und sicher feststellen, ob und wo sie ausführliche Informationen über die nachhaltige Anlagestrategie eines Investmentprodukts finden. Die Logik dahinter: Eine erhöhte Transparenz zeigt Verantwortungsbewusstsein und macht es Anlegern leichter, ein Angebot mit dem eigenen Verständnis von Nachhaltigkeit abzugleichen.
Ein Gütesiegel ist der Transparenzkodex aber nicht. Er trifft keine Wertung zur Qualität eines Anlageprodukts. Dafür gibt es mittlerweile aber eine Reihe von Siegeln. Doch diese sind schwer vergleichbar, da sie nicht von einer unabhängigen Stelle überprüft werden. Ein Siegel sollte zumindest gewisse Mindeststandards voraussetzen, zum Beispiel, dass Unternehmen ausgeschlossen werden, die mit Waffen, Kernkraft oder Fracking ihr Geld verdienen.
Ölkonzerne unter der Flagge der Nachhaltigkeit
Weil Anleger zunehmend preiswerte indexnachbildenden Produkte, beispielsweise auf den Dax oder den MSCI World kaufen, ist in den vergangenen Jahren auch das Angebot an nachhaltigen ETF-Varianten stetig gewachsen. Doch Experten raten auch hier zur Vorsicht: Die Ansätze von Produktanbietern, die zu mehr Nachhaltigkeit führen sollen, sind umstritten. Besonders der häufig verwendete Best-in-Class-Ansatz, der die nachhaltigsten Unternehmen einer Branche einbezieht, erntet regelmäßig Kritik. Oft schaffen es auch Öl- oder Gaskonzerne in die Auswahl, die im Vergleich zu ihresgleichen zwar gut abschneiden, aber von vielen Menschen wohl kaum als umweltfreundlich bezeichnet werden. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten zählen ETF daher oft nicht unbedingt zu den „dunkelgrünen“ Anlageformen.
Abgleich mit den eigenen Präferenzen
Wer bestimmte „grüne“ Kriterien erfüllt wissen möchte, kann sich auch aktiv gemanagte Fonds anschauen. Im Gegensatz zu ETF, die Aktien aus einem Index halten müssen, auch wenn ein Unternehmen plötzlich in einen Umweltskandal verwickelt ist, ist ein Fondsmanager freier in der Auswahl geeigneter Zielinvestments. Er kann Aktien von Firmen verkaufen oder meiden, die seinen Nachhaltigkeitsansprüchen nicht genügen.
Jeder Anleger sollte persönliche Präferenzen für das Thema Nachhaltigkeit festlegen und diese wiederum mit den Ansprüchen eines aktiven Fonds abgleichen: Ist beispielsweise das Thema Wasser besonders wichtig, bietet sich ein spezieller Wasserfonds an. Themenfonds gibt es zu verschiedensten Bereichen wie Wasser, Solarenergie bis hin zur Windkraft. Allerdings müssen Anleger wissen, dass sie ihr Geld damit nicht so breit anlegen wie etwa in einem globalen Aktienfonds. Die Aktien in einem Themenfonds können daher deutlicheren Kursschwankungen unterliegen.
Skepsis bei traumhaften Renditen
Doch auch beim Thema Nachhaltigkeit gibt es dubiose Angebote, wie Verbraucherschützer warnen. Anleger lassen sich oft von ihrem „grünen Gewissen“ verführen. Das macht es Anbietern riskanter Geschäfte leicht: Immer wieder locken teils zweifelhafte Marktteilnehmer mit traumhaften Renditen von bis zu zehn Prozent für vermeintlich nachhaltige Direktinvestments. Sie bieten Anlegern beispielsweise an, Anleihen von Baumplantagen in Südostasien, von Solarparks in Lateinamerika oder Holzplantagen in Rumänien zu zeichnen. Deshalb Vorsicht vor „grau-grünen“ Kapitalmarktprodukten: Wenn der Zinssatz nicht in die Zeit passt, ist die Anlage nicht koscher oder bringt ein erhebliches Risiko mit sich.
Eines scheint klar. Die Nachfrage nach Geldanlagen mit gutem Gewissen dürfte weiter zunehmen. Themen wie Umweltschutz, Klimawandel, soziales Bewusstsein und gute Unternehmensführung sind als gesellschaftliche Kernanliegen nicht mehr wegzudenken. Für die Finanzindustrie gilt ab dem kommenden Jahr die sogenannte EU-Taxonomie, ein EU-weites Klassifikationssystem für nachhaltige Investitionen. Um Privatanlegern die nachhaltige Geldanlage zu erleichtern, müssen beispielsweise Bankberater ab dem kommenden Jahr nach den Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden fragen.
Gastautor Dr. Marc-Oliver Lux arbeitet für die Dr. Lux & Präuner GmbH & Co. KG in München. Weitere Beiträge von ihm und anderen Vermögensverwaltern finden Sie auf www.v-check.de.
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