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    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen

    Die Börse im Blick: So wird investiert.

    Kapitalmärkte und Kapitalanlagen | 30.3.2023 Drucken

    Sieben Fragen zur Zinswende

    Selten haben die Notenbanken die Zinsen so aggressiv erhöht wie zuletzt. Das hat massiven Einfluss auf die Wirtschaft und die Kapitalmärkte. Sieben wichtige Fragen und Antworten.

    „Der Zins ist der elementarste Einflussfaktor für die Realwirtschaft und die Finanzmärkte“, stellt Stefan Eberhardt von der e/r/w Vermögensmanagement GmbH in Villingen-Schwenningen fest. Angesichts der fast beispiellos rasanten Leitzinserhöhung von null auf 3,5 Prozent seit Juli 2022 durch die Europäische Zentralbank (EZB) stellt sich die Frage nach dem Grund für die Zinserhöhung und nach den Konsequenzen dieser Zinswende.

    Warum hat die EZB den Leitzins so stark erhöht? Lag die Inflationsrate in der Eurozone 2021 noch bei durchschnittlich 2,6 Prozent, so sprang sie im März vergangenen Jahres auf 7,4 Prozent, im Oktober erreichte sie in der Spitze 10,6 Prozent. „Da es die wichtigste Aufgabe der EZB ist, für Geldwertstabilität zu sorgen, muss sie diesen Anstieg der Teuerungsrate über höhere Zinsen bekämpfen“, erläutert Eberhardt.

    Welchen Einfluss hat der Zins auf die Wirtschaft? „Mit dem Zins lassen sich Nachfrage und Wirtschaftstätigkeit regulieren“, erklärt Claus Walter von der Freiburger Vermögensmanagement GmbH. So treiben niedrige Zinsen die Nachfrage und die Wirtschaft an. „Ein hoher Zins dagegen verteuert den Preis für Fremdkapital und belastet betriebliche und private Investitionen“, so der Experte. Höhere Zinsen bremsen also nicht nur die Inflation, sondern auch das Wirtschaftswachstum. Jedoch dauert es einige Monate, bis geldpolitische Maßnahmen auf die Realwirtschaft wirken.

    Anleihen sind wieder attraktiv

    Lohnen sich damit Zinsprodukte wieder? Aufgrund der Zinswende sind festverzinsliche Wertpapiere attraktiver geworden. Brachten zehnjährige Bundesanleihen Ende 2021 eine Rendite von -0,31 Prozent, so sind es derzeit 2,2 Prozent. „In der Tat sind Anleihen wieder attraktiv und hier insbesondere kurzlaufende deutsche Staatspapiere, die aktuell rund 2,5 Prozent bieten“, sagt Eberhardt. Das gilt jedoch nicht für Bankeinlagen. „Die Kreditinstitute geben die gestiegenen Zinsen noch nicht an ihre Kunden in Form höherer Zinsen für Tagesgeld oder für das Sparbuch weiter“, sagt Claus Walter. „Außerdem dürfen Sie nicht vergessen, dass die Inflation noch deutlich über der Verzinsung liegt, weshalb das so angelegte Geld trotzdem noch an Kaufkraft verliert.“

    Sollte man Aktien künftig meiden? Angetrieben von den niedrigen Zinsen seit der Finanzkrise haben sich Aktien gut entwickelt. Doch mit der Zinswende kam diese Anlageklasse unter Druck. Dafür bestehen zwei Gründe. „Zum einen gibt es nun mit den höheren Anleiherenditen eine Anlagealternative, zum anderen sind die Firmen mit höheren Finanzierungskosten konfrontiert“, so Walter. Langfristig sei dies aber kein Grund, Aktien zu meiden. „Sie müssen bedenken, dass die Bewertungen in manchen Fällen nach den extremen Kursverlusten so stark zurückgekommen sind, dass sich Einstiegschancen ergeben“, sagt Eberhardt. „Wenn die Zinsen ihren Höhepunkt erreicht haben und dies in den Kursen eingepreist ist, geht es in der Regel für Aktien wieder aufwärts.“

    Sinkende Nachfrage bei Immobilien

    Welche Folgen hat der gestiegene Zins für den Immobilienmarkt? „Auf den Immobilienmarkt wirken sich höhere Zinsen negativ aus“, stellt Eberhardt fest. Allein seit Anfang vergangenen Jahres haben sich die Zinsen für zehnjährige Baudarlehen fast vervierfacht. „Das führt zu einer sinkenden Nachfrage nach Immobilien und damit auch zu sinkenden Preisen“, so Walter. „Diese bremsende Wirkung sieht man übrigens schon an der rückläufigen Zahl der Baugenehmigungen und Baubeginne.“  

    Was bedeutet der höhere Zins für Schuldner?  Grundsätzlich steigt der Schuldendienst für Staaten, Unternehmen und private Haushalte gleichermaßen. „Das Risiko, dass es zu Zahlungsausfällen bei Staaten oder Unternehmen kommt, nimmt deshalb zu“, erklärt Claus Walter. „Allerdings erst dann, wenn man sich entweder neu verschuldet oder eine Anschlussfinanzierung ansteht.“ Das gilt auch für die privaten Haushalte, bei denen eine Anschlussfinanzierung erforderlich ist. Sie trifft der Zinsanstieg mit voller Wucht. „Wer von weiter steigenden Zinsen ausgeht, sollte sich das aktuelle Zinsniveau mit einem Forward-Darlehen sichern“, sagt Walter. Wer mit fallenden Zinsen rechnet, könnte sich für ein variabel verzinstes Darlehen entscheiden. Zwar hält der Experte eine variable Verzinsung für riskant, allerdings könne es eine interessante Variante sein, einen Teil der ausstehenden Kreditsumme über ein Forward Darlehen abzusichern und für den anderen Teil eine variable Verzinsung zu wählen.

    Gold zählt auch zu den Verlierern der Zinswende

    Welchen Einfluss haben die Zinsen auf den Goldpreis? „Gold bietet keine regelmäßigen Ertragsströme in Form von Zinsen oder Dividenden“, sagt Eberhardt. „Sichere Häfen wie Bundesanleihen oder US-Staatspapiere werden damit zur Konkurrenz für das Edelmetall.“ Deshalb dürfte auch Gold eher zu den Verlierern des Zinsanstiegs zählen. Viele Anleger halten Gold aber aus einem anderen Grund. „Eine Beimischung von fünf bis zehn Prozent im Portfolio, kann in schwierigen Marktphasen die Volatilität reduzieren“, so Walter. Das hat zuletzt gut funktioniert. Als die Aktienmärkte im März aufgrund der Sorgen um die Finanzstabilität einbrachen, kletterte der Goldpreis.

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