Wenn zur Rente die Steuerpflicht kommt
2018 steigen die Renten wieder spürbar. Die jährlichen Rentenanpassungen führen aber auch dazu, dass immer mehr Rentner der Steuerpflicht unterliegen.
Die im Zuge der anhaltenden Konjunktur steigenden Einkommen wirken sich auch unmittelbar auf die Rentenzahlungen aus. Die Renten folgen den Löhnen. Nach den in West und Ost zum Teil sehr unterschiedlich ausgefallenen Rentensteigerungen der letzten Jahre können sich die Rentner in den alten und neuen Bundesländern ab Mitte 2018 jeweils über rund drei Prozent höhere Renten freuen.
Mit dem höheren Alterseinkommen geraten aber immer mehr Rentner in die Steuerpflicht. Bei einer größeren Zahl überschreiten die Einkünfte den Grundfreibetrag. Diese Entwicklung bestätigte eine formale Auskunft des Bundesfinanzministeriums (Bundestagsdrucksache 19/189 auf S. 23) auf eine Anfrage des rentenpolitischen Sprechers der Linksfraktion. Im Gefolge der diesjährigen Rentenerhöhung erwartet der Bund Steuermehreinnahmen von schätzungsweise 300 Millionen Euro.
Über 50.000 weitere Rentner steuerpflichtig
Aus der ministeriellen Antwort geht hervor, dass bei der Rentenanpassung von 3,0 Prozent (West) und 3,2 Prozent (Ost) rund 54.000 Rentner in diesem Jahr zusätzlich steuerpflichtig werden. Damit setzt sich ein Trend fort. Seit dem Jahr 2005 steigt schrittweise der Anteil der Rente, der zur Einkommensteuer herangezogen wird. Während 2005 für Neurentner noch 50 Prozent der Rente steuerfrei waren, liegt der steuerfreie Anteil für Neurentner 2018 bei nur noch 24 Prozent. Ab 2040 werden Renten dann vollständig besteuert. Der einmal erworbene prozentuale Freibetrag bleibt gleich. Aber mit jeder Rentenerhöhung steigt der steuerpflichtige Teil der Rente in absoluten Beträgen. Daher müssen 2018 nach der Rentenanpassung etwa 4,4 Millionen steuerpflichtige Rentenbezieher ihren Anteil zum Aufkommen der Einkommensteuer beitragen.
Forderung nach höherem steuerfreien Grundbetrag
Hintergrund der Anfrage ist die Kritik der Linksfraktion, dass sich mit der Einführung der nachgelagerten Besteuerung im Jahr 2005 die Zahl der steuerpflichtigen Rentner beinahe verdoppelt habe. Um nicht in die Gefahr zu laufen, dass künftig auch Renten unterhalb der Armutsschwelle besteuert werden, spricht sich die Fraktion für einen deutlich höheren Grundfreibetrag von 12.600 Euro im Jahr aus. Er würde vor allem Rentner mit niedrigem Einkommen entlasten. Derzeit beträgt dieser Grundfreibetrag nach einer leichten Anhebung 9.000 Euro (2017: 8.820 Euro). Bei einer gemeinsamen Veranlagung von Ehepaaren gilt der doppelte Betrag.
Neben ihrer Forderung nach einem höheren Grundfreibetrag, der natürlich für alle Steuerzahler gelten würde, verweisen die Abgeordneten der Partei DIE LINKE auf die mentale Belastung und unter Umständen eingeschränkte Handlungsfähigkeit von neu steuerpflichtigen Rentnern. Gerade Menschen im höheren Alter fühlen sich, so die Abgeordneten, mit der erstmaligen Einkommensteuererklärung in der Rentenphase schnell überfordert. Daher plädiert die Fraktion für eine kostenlose Hilfestellung und eine angemessene Personalausstattung in den Finanzämtern.
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