Welche Rentenansprüche erwerben Zugewanderte?
Auch Aussiedler und Zugewanderte aus anderen Staaten erwerben in Deutschland Rentenansprüche. Besteht zudem ein Sozialabkommen mit dem Herkunftsland oder gilt das Fremdrentengesetz, können sie zusätzlich profitieren.
Ob in der Pflege oder auf dem Feld, in der Industrie oder im Dienstleistungssegment: Zuwanderer sind für die deutsche Wirtschaft, in der Landwirtschaft und im sozialen Bereich seit jeher ein wichtiges Arbeitskräftereservoir.
Aus ihrer Erwerbstätigkeit in Deutschland sowie aufgrund von Kindererziehungszeiten beziehungsweise durch die häusliche Pflege von Angehörigen ergeben sich Rentenansprüche. Allerdings fallen diese in Deutschland von Zugewanderten verdienten Renten ziemlich verschieden aus. Dafür gibt es mehrere Gründe, wie die Sozialforscherin Dr. Janina Söhn in dem in der Zeitschrift „Deutsche Rentenversicherung“ veröffentlichten Beitrag „Migration und ihre Folgen für die Altersrente: ein differenzierender Blick auf Zugewanderte in Deutschland“ ausführt.
Sozialabkommen mit über 50 Staaten
Grundsätzlich sind laut Sozialexpertin Söhn neben dem Herkunftsland das Alter bei der Zuwanderung und die Frage entscheidend, ob das Fremdrentengesetz (FRG) zur Anwendung kommt beziehungsweise ob zwischen dem Geburtsland der Ausländer und Deutschland ein Sozialabkommen besteht. Ein derartiger Vertrag zur sozialen Sicherung liegt zum Beispiel für Einwohner aus den 27 EU- und vier EWR-Staaten in Form des Europarechts vor. Darüber hinaus bestehen derzeit Sozialversicherungsabkommen zwischen Deutschland und 21 weiteren Staaten weltweit. Eine Übersicht präsentiert den aktuellen Stand.
2,75 Millionen aktive Rentenbezieher unter Zugewanderten
Ende 2018 waren nach Daten der Deutschen Rentenversicherung etwa 6,4 Millionen Zugewanderte als aktiv Versicherte mit steigenden Rentenanwartschaften registriert. Mehr als 2,75 Millionen beziehen bereits eine deutsche Rente. Die höchsten Renten im Alter erhalten vor allem Zugewanderte aufgrund des Fremdrentengesetzes, aus langjährigen EU-Mitgliedstaaten oder vergleichsweise prosperierenden OECD-Staaten. Die geringsten Renten werden an Anspruchsberechtigte aus Mittelmeer-Anrainerstaaten oder an Anspruchsberechtigte gezahlt, die aus den Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien stammen.
Zahlungen zwischen 355 und 1.227 Euro
Die teils erheblichen Unterschiede bei den Renten und Rentenansprüchen von Zugewanderten kategorisiert Dr. Söhn in sieben Erwerbsverlaufsmuster. Die dabei ermittelte durchschnittliche Rentenhöhe beträgt demnach bei Menschen, die bereits mit Anfang 20 nach Deutschland kamen, 1.227 Euro. Deren berufliche Karriere verlief beziehungsweise verläuft in der Regel ähnlich wie die von vergleichbar (gut) ausgebildeten Deutschen. Beim Erwerbsverlaufsmuster mit den geringsten Renten kommen Zugewanderte auf eine durchschnittliche Monatsrente von 355 Euro. Diese Rentenhöhe wurde für diejenigen ermittelt, die ebenfalls in jungen Jahren in Deutschland heimisch und erwerbstätig wurden, allerdings nach den ersten Berufsjahren beziehungsweise aufgrund von Kindererziehung bereits ab Mitte 30 zunehmend keine Rentenbeiträge mehr einzahlten.
Sonderfall Spätaussiedler durch schnellere Integration
Eine Besonderheit stellen der Studie zufolge Spätaussiedler dar. Das sind meist Zugewanderte aus osteuropäischen Ländern mit deutschen Wurzeln. Sie profitieren insbesondere davon, dass ihre Versicherungszeiten in den Herkunftsländern – (ehemalige) Sowjetunion, Polen und Rumänien – aufgrund des Fremdrentengesetzes ähnlich wie in Deutschland zurückgelegte Versicherungszeiten bewertet werden. Außerdem attestierte die Forscherin ihnen „trotz einer Migration erst mit Anfang 40“ eine schnelle und gelungene Arbeitsmarktintegration. Dies gelang laut Studie zumindest in sieben von zehn Fällen. Das Ergebnis: bei Rentenbeginn im Jahr 2017 erhielten die derart gut Integrierten eine durchschnittliche Monatsrente von 947 Euro.
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