Staatsfonds unter der Lupe
Eine aktuelle Studie hat untersucht, welches ausländische Modell eines Staatsfonds auch auf deutsche Verhältnisse und Anforderungen übertragbar wäre.
Im Zuge einer – gegebenenfalls nur teilweisen – kapitalgedeckten Altersvorsorge auch in der gesetzlichen Rentenversicherung ist oftmals von sogenannten Staatsfonds die Rede. Dafür gibt es weltweit einige Vorbilder.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) hat das Forschungsinstitut zur Zukunft der Arbeit GmbH (IZA) beauftragt, sich verschiedene Staatsfonds genauer anzusehen. Die Experten nahmen die entsprechenden Modelle und Strukturen in zehn Ländern unter die Lupe. Für die Auswahl gab es einige Anforderungen. So sollten die zu untersuchenden Staatsfonds primär der direkten Altersvorsorge beziehungsweise der Absicherung von Altersvorsorgesystemen dienen. Ebenso sollten sie etabliert sein und über substantielle Volumina verfügen.
Schweden: interessante Wettbewerbssituation
Ihre detaillierten Ergebnisse haben die IZA-Forscher in einer jüngst veröffentlichten Studie vorgelegt. Danach gelten für Deutschlands Altersvorsorge vor allem die Staatsfonds aus Kanada und Schweden als „interessante Fallbeispiele“. An Kanadas Staatsfonds werden „vorbildliche Governance-Grundsätze und eine hohe politische Unabhängigkeit“ hervorgehoben. Für das schwedische Modell wiederum spreche eine interessante „Wettbewerbssituation von vier Fonds in einem – unterschiedliche Wege verfolgenden – Mehrsäulensystem der staatlich organisierten Altersvorsorge“, so die IZA-Forscher. Außergewöhnlich in mancherlei Hinsicht ist zudem der norwegische Staatsfonds.
Norwegen: Staatsfonds mit Sonderrolle
Die Staatsfonds unterscheiden sich in zahlreichen Details. Herausragend im wahrsten Sinne und weltweit der größte ist der norwegische Staatsfonds. Sein Volumen beträgt mehr als das Dreifache des jährlichen Bruttoinlandprodukts (BIP) in Norwegen. Zudem basiert sein Fondskapital auf den Öl- und Gaseinnahmen des norwegischen Staates. Nicht zuletzt verfolgt er in der Kapitalanlage sozusagen einen externen Fokus. Fondsgelder dürfen nur außerhalb Norwegens angelegt werden.
Kanada: Vorfinanzierung für Staatsrente als Ziel
Das Canada Pension Plan Investment Board (CPPIB) ist eine staatliche Gesellschaft. Sie befindet sich in Bundesbesitz und verwaltet den Reservefonds des Canada Pension Plan (CPP). Dieser stabilisiert Einnahmen und Ausgaben des – wie in Deutschland – umlagefinanzierten Rentensystems. Der CPP ist ein einkommensabhängiges Rentenobligatorium, das für ganz Kanada mit Ausnahme von Quebec gilt. Fondsentnahmen können etwa zur Deckung von Defiziten erfolgen. Ein wichtiges Kriterium ist, dass die Fondsreserven nicht aufgebraucht werden dürfen. Insbesondere besteht das Ziel, eine langfristige Vorfinanzierung des staatlichen Altersvorsorgesystems zu gewährleisten.
Vorbildliche Governance
1997 erfolgte eine Umstrukturierung des bereits seit 1966 bestehenden CPP in den CPPIB. Damit sollte eine anhaltende Schwäche oder Gefährdung des CPP beendet werden. Einhergehend mit Beitragserhöhungen wurde die Verwaltung des wachsenden Fondsvolumen in professionelle Hände überführt. Zudem wurden Einschränkungen in der Kapitalanlage aufgehoben sowie Voraussetzungen und gesetzlich verankerte Strukturen geschaffen, um den Staatsfonds unabhängig von der jeweiligen Regierung arbeiten zu lassen. Das bedeutet, Fondsmittel sind erstens von den Vermögenswerten des Bundes getrennt. Zweitens sind Gelder aus dem Staatsfonds ausschließlich für Zwecke der Altersvorsorge bestimmt. Auch diese Tatsachen dürften mit dazu beigetragen haben, dass die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) den Governance-Grundsätzen des CPPIB weltweit Vorbildcharakter attestiert.
Pufferfunktion für das Umlagesystem
Nach Jahren der Reformen stellte Schweden sein Rentensystem 1999 grundsätzlich neu auf. Seitdem setzt Schweden auf ein Mehrsäulen-System in der Altersvorsorge. Es findet bei Schwedens Bürgern eine hohe Akzeptanz. 2000 kamen die Staatsfonds. In gewisser Hinsicht einzigartig sind ihr Konstrukt und ihre Funktion. Das umlagefinanzierte Rentensystem zahlt den Schweden die Rente aus den Einnahmen desselben Jahres. Defizite, aber auch Überschüsse, hingegen werden vom Ersten bis Vierten Nationalen Rentenfonds (AP1 bis AP4) ausgeglichen. Zusammen mit dem sechsten Nationalen Rentenfonds (AP6) übernehmen sie somit eine Puffer-Funktion.
Interne Konkurrenz als Treibsatz
Das Prinzip der konkurrierenden Staatsfonds erfüllt zwei wesentliche Aufgaben. Zum einen soll es dazu beitragen, das Kapitalmarktrisiko möglichst breit zu diversifizieren. Zweitens soll diese Art interner Wettbewerb auch zu höheren Renditen führen. Gespeist werden die Fonds von Beiträgen. Diese werden etwa zu 40 Prozent von den Arbeitnehmern und zu etwa 60 Prozent von den Arbeitgebern getragen. AP-Fonds sind staatliche Institutionen, aber unabhängig. Seit 2019 setzt die Kapitalanlage der AP-Fonds auf Nachhaltigkeit. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass der AP6 ein geschlossener Fonds ist, der derzeit für das schwedische Rentensystem keine Beiträge einnimmt oder leistet.
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