Jamaika-Verhandlungs-Marathon erwartet
Katarina Barley hat in der geschäftsführenden Bundesregierung das Amt von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles mit übernommen. Folgt man den Prognosen von Peter Altmaier, Minister im Bundeskanzleramt und enger Vertrauter von Kanzlerin Angela Merkel, könnte die Bundesfamilienministerin auch noch an Weihnachten dieses Jahres in ihrem Doppelamt sein.
In der Regierungszentrale stellt man sich offensichtlich auf extrem lange und zähe Verhandlungen von CDU/CSU, FDP und den Grünen ein. Sie könnten sich bis ins nächste Jahr hinziehen, für die stabilitätssüchtigen Deutschen eine besorgniserregende Perspektive. Bei unseren Nachbarn, den Niederlanden, wo das Tauziehen um die Regierungsbildung schon mehrere Monate dauert, oder in Belgien sind solche Zeiten Normalität. Eine Wirtschaftszeitung spottete gar, Belgien habe sich immer dann besonders gut entwickelt, wenn es ohne Regierung gewesen sei.
Barleys Vorgängerin Andrea Nahles gibt sich als neue Oppositionsführerin kämpferisch. Gleichzeitig will sie die im Wahlkampf und in der Regierungszeit der Sozialdemokraten gemachten Fehler schonungslos aufarbeiten. Den gescheiterten Kanzlerkandidaten und Parteivorsitzenden Martin Schulz will sie dabei nicht in Frage stellen. Auch wenn sich der frühere Präsident des Europaparlaments auf dem Bundesparteitag behaupten sollte, die Hoffnungen der Genossen ruhen nicht mehr auf ihm.
SPD sucht neue Sprache
Die SPD müsse künftig eine Sprache finden, die im Lebensgefühl des einfachen Menschen sei, meinte jetzt Nahles. Der könne mit der Diskussion „zum Rentenniveau von 50, 48, 46 oder 43 Prozent“ nichts anfangen. Originalton Nahles: „Wir müssen die Fragen der Menschen so benennen, wie sie auch am Küchentisch gestellt werden.“ Daher brauche die SPD eine neue Sprache und Ansprache. Dass der Einstieg von Nahles in den Fraktionsvorsitz mit einem massiven sprachlichen Patzer begann, ist mehr als peinlich. „Ab morgen gibt es der Regierung in die Fresse“, meinte die aggressive Westerwälderin. Diese Aussage wird sie noch lange begleiten.
FDP und Grüne bei Altersvorsorge kontrovers
Die Gespräche über eine Jamaika-Koalition werden wohl erst nach der niedersächsischen Landtagswahl, für die ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU vorausgesagt wird, beginnen. In der Altersvorsorge gibt es durchaus Berührungspunkte zwischen Grünen und der CSU, wie Wirtschaftsminister Al Wazir von der hessischen Ökopartei anmerkte. Betrachtet man die Wahlprogramme, so sind vor allem die Vorstellungen der FDP und der Grünen kontrovers. Letztere wollen eine Festschreibung des Rentenniveaus bei 48 Prozent und eine gesetzlich garantierte Mindestrente oberhalb der Grundsicherung, die mit den Liberalen nicht zu machen ist.
Aufgabe für die große Reformkommission?
Es könnte sein, dass das Thema Altersvorsorge bei den vielen Konflikten in anderen Sachfragen in die große Rentenreformkommission gepackt wird. So wie es von den Christdemokraten vorgeschlagen wurde. Jeder der potentiellen Partner könnte dann am Runden Tisch in der Diskussion mit den großen gesellschaftlichen Gruppen seinen Zukunftsentwurf einbringen. Eine Gefahr für ein solches, Merkel adäquates Verfahren ist allerdings CSU-Chef Seehofer. Er braucht vor seinem Parteitag dringend einen Erfolg. Daher rückt Seehofer die kostenintensive Ausweitung der Mütterrente aus seinem Bayernplan wieder in den Vordergrund.
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