Politisches Geschacher um die Grundrente
Heute behandelt der Deutsche Bundestag in zweiter und dritter Lesung das Gesetz über die Einführung einer Grundrente für langjährig Versicherte. Die CDU hat dafür aus Furcht vor einem unangenehmen Sommertheater eine weitere Position geopfert.
Über Monate hinweg galt für die CDU-Bundestagsfraktion die Finanzierung als Ko-Kriterium. Bundesfinanzminister Scholz hatte sie in Gestalt einer europäischen Finanztransaktionssteuer beharrlich versprochen. Aber schon früh war abzusehen, dass er dieses Versprechen wird nicht halten können. Das hinderte die Akteure in der Regierungskoalition allerdings nicht, offiziell lange daran festzuhalten. Es ging zu wie im Märchen um des Kaisers neue Kleider.
Kurz vor der parlamentarischen Sommerpause kam dann der Offenbarungseid. Die CDU wollte nicht riskieren, dass sie den Sommer über von der SPD als Verhinderer der Grundrente vorgeführt wird. Das politische Geschacher nahm seinen Lauf. Nun wird sie aus dem allgemeinen Bundeshaushalt finanziert. Das ist an sich gar kein so großer Aufreger. Immerhin fließen schon rund 100 Milliarden Euro jährlich vom Haushalt in die Rentenkasse. Die Art und Weise allerdings, wie die Reform betrieben wird, verdient Kritik.
Terminplan lässt sich nur mit einem Trick einhalten
Mehrfach wurde und wird wider besseren Wissens mit unhaltbaren Tatsachen operiert. Alle Experten warnten zum Beispiel vor dem Zeitplan. Anfang 2021 sei nie haltbar als Einführungstermin. Doch das war für den Bundesarbeitsminister kein Grund, diesen Termin zu korrigieren. Schließlich ist 2021 ein Wahljahr und die Grundrente das Lieblingsprojekt der SPD. Zu halten ist der Termin jedoch nur noch mit einem Trick. Rechtliche Einführung zu Jahresanfang, aber erst einmal nur für die Neurentner. Die Bestandsrentner werden viel später einbezogen. Daran änderte auch nichts die Tatsache, dass der Bundesarbeitsminister bereits nach dem Kabinettsbeschluss, als die rechtliche Grundlage noch völlig fehlte, die Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund per Brief schon aufforderte, mit der Umsetzung der Grundrente zu beginnen.
CDU wird weitere Positionen räumen müssen
Der nächste Rückzug von einer bislang schon teilweise aufgegebenen Position lässt sich bereits vorhersagen. Anfangs bestand die CDU auf einer umfassenden Einkommens- und Vermögensprüfung als Voraussetzung für die Grundrente. Übriggeblieben ist nur eine geschrumpfte Version mit Berücksichtigung der Kapitaleinkünfte. Aber der dafür notwendige automatisierte Datenaustausch mit den Finanzämtern steht mit großer Wahrscheinlichkeit auch 2021 noch nicht zur Verfügung. Was dann? Die Antwort ist einfach: Die Anrechnung entfällt aus technischen Gründen. Entsprechende Vorschläge geistern schon durch die politische Landschaft.
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