Fast drei Milliarden Euro jährlich müssen ostdeutsche Bundesländer für DDR-Zusatzrenten oder Sonderrenten aufbringen. Sie sehen den Bund als Rechtsnachtfolger in der Pflicht.
Es erscheint paradox: Zeitlich rückt die Deutsche Einheit immer weiter weg, doch so manches Vermächtnis aus DDR-Zeit sorgt für wachsende Belastungen. So debattierte unlängst der Bundestag über ein ganz spezielles Rententhema: die DDR-Zusatzrenten und die damit verbundenen zunehmenden finanziellen Lasten für die östlichen Bundesländer. Dabei gehen die Ansichten auseinander, wer für diese Zahlungen in die Bresche springen muss. Klar ist lediglich, es muss etwas passieren. Die ostdeutschen Länder machen Druck, weil ihre Belastungen anwachsen. Dabei stellen die Zahlungen schon jetzt erhebliche Posten im jeweiligen Landeshaushalt dar – bis zu fünf Prozent vom Gesamtetat.
27 ehemalige Zusatzversorgungssysteme
DDR-Zusatzrenten erhalten derzeit beispielsweise Pädagogen, Ingenieure, Wissenschaftler oder Ärzte. Doch auch Direktoren, Künstler, Veterinäre, Rundfunk-, Fernseh-, Ballett- oder Zirkusmitarbeiter beziehungsweise Hauptangestellte von ehemaligen Parteien haben Ansprüche erworben. Zudem gab es Sonderregelungen für weitere Berufsgruppen wie Eisenbahner und Bergleute. So verdienten sich ehemalige Wismut-Arbeiter eine beträchtliche Zusatzrente – oft auf Kosten ihrer Gesundheit und Lebenserwartung. Sie förderten strategisch wichtiges Uranerz und dienten dafür jahrzehntelang einem wirtschaftlichen Konglomerat unter protektionistischer Aufsicht der Sowjetunion.
Umfang wurde stark unterschätzt
Darüber hinaus gibt es noch sogenannte Sonderrenten. So haben Angehörige der früheren Nationalen Volksarmee (NVA), der Polizei, der Zollverwaltung der DDR oder der Stasi Ansprüche auf Zusatzversorgungen erworben. Alles in allem existierten in der DDR 27 Zusatzversorgungssysteme. Diese Systeme führten zu derzeit rund 1,3 Millionen Rentenempfängern. Die Finanzierung dieser DDR-Zusatzrenten tragen zu 40 Prozent der Bund und zu 60 Prozent die jeweiligen Länder.
Wie geht es nun weiter mit der Finanzierung?
Außerdem wurde zunächst übersehen, dass die letzten Anspruchsberechtigten erst um das Jahr 2030 in Rente gehen und einige Jahre oder gar Jahrzehnte Renten beziehen werden. Je nach Lebenserwartung der Rentenbezieher und noch kommenden Neuzugängen dürften es zunächst erst mehr Rentner werden, ehe ihre Zahl dann sukzessive wieder abnimmt. Damit steigen die jährlichen Belastungen für die ostdeutschen Länder noch deutlich über die derzeit knapp drei Milliarden Euro an. Im derzeit gültigen Koalitionsvertrag stehen Absichtserklärungen. („Wir wollen schrittweise einen höheren Anteil bei den Erstattungen übernehmen und damit die ostdeutschen Bundesländer entlasten.“) Doch konkrete Zahlen fehlen im Koalitionsvertrag wie in der Realität. Zumindest im ersten Entwurf für den Bundeshaushalt 2019 tauchen keine zusätzlichen Summen in diesem Zusammenhang auf. Wogegen der Bundesrat bereits Einspruch erhob.