Unser Rentensystem bleibt nur mittelmäßig
Die Einschätzung, dass die Qualität des deutschen Rentensystems noch Potenzial hat, ist sicherlich keine große Überraschung. Doch wo stehen wir im internationalen Vergleich?
In der aktuellen Ausgabe der seit einigen Jahren regelmäßig veröffentlichten Studie „Melbourne Mercer Global Pension Index 2016“ wird dem deutschen Rentensystem weiterhin allenfalls Mittelmaß attestiert. Zumindest im Vergleich mit anderen Industrienationen. In punkto Nachhaltigkeit konkurriert Deutschlands Renten-Landschaft sogar mit den Pensionssystemen von Schwellenländern.
Was und wie der Index bewertet
Erneut wurden 2016 für den Index wesentliche Vor- und Nachteile der Pensionssysteme analysiert und bewertet. In diesem Jahr erfasste die Studie 27 Staaten. Damit wird die Altersvorsorge von rund 60 Prozent der Weltbevölkerung gespiegelt. Neben den staatlichen Rentensystemen und der betrieblichen Altersversorgung (bAV) werden dabei auch private Anlagen und Vorsorgemaßnahmen berücksichtigt. Zudem gehen Aspekte wie Lebenserwartung, Altersarmut und Rentenbezugsdauer in die Untersuchung ein. Der Gesamtindex setzt sich aus dem gewichteten Durchschnittswert von drei Kategorien zusammen: „Angemessenheit“ (Gewichtung: 40 Prozent), „Nachhaltigkeit“ (Gewichtung: 35 Prozent) sowie „Integrität“ (Gewichtung: 25 Prozent). Die Kategorien erfassen insgesamt rund 40 Kriterien.
Die Kategorien im Detail
In der Kategorie „Angemessenheit“ werden zum Beispiel die durchschnittliche Sparquote, derzeit gewährte Versorgungsleistungen und steuerliche Anreize gewertet. Beim Kriterium „Nachhaltigkeit“ hingegen wird anhand von Faktoren wie Rückdeckung, Finanzierung, Demografie und Staatsverschuldung untersucht, ob das gegenwärtige System perspektivisch aufrechterhalten werden kann. Der Index „Integrität“ wiederum nimmt Aspekte wie staatliche Aufsicht, Governance, Kostenquote und Kommunikation unter die Lupe. So wird ermittelt, wie vertrauenswürdig und beständig ein nationales Vorsorgesystem ist. Hier verzeichnete übrigens Finnland mit 91,5 den höchsten absoluten Indexwert im diesjährigen Ranking – über alle Kategorien hinweg.
Deutschlands Rentensystem im detaillierten Vergleich
Von einer führenden Industrienation hätte man wohl eine bessere Position erwartet. Doch die seit 2009 aufgelegte Studie rückt das deutsche Rentensystem mitunter auf eine Stufe mit Schwellenländern. Insgesamt betrachtet bietet Deutschlands Rentensystem weiterhin nur Mittelmaß, liegt jedoch etwas über dem Durchschnitt. Bei einer Indexspanne von 0 bis 100 erreichte unser Land einen Wert von 59,0. Deutschland hat damit gegenüber dem Vorjahr (62,0) eingebüßt, bleibt aber auf Platz zwölf. Bei der Angemessenheit reichte es immerhin zu einem siebten Rang – allerdings mit mehr als sieben Punkten Rückstand auf den Spitzenreiter Niederlande. Beim Sub-Index „Integrität“ belegt Deutschland mit leicht überdurchschnittlichen 73,1 Punkten lediglich den 15. Platz. Hier besteht mit mehr als 17 Punkten ein beträchtlicher Rückstand zur Spitze. Noch stärker hinkt unser Rentensystem bei der Nachhaltigkeit hinterher. Hier bleiben wir mit 35,8 Punkten (Vorjahr: 36,8) noch deutlicher hinter den führenden Nationen und hinter dem Durchschnitt von 48,5 Punkten zurück.
Weitere Reformschritte angemahnt
Die Berater von Mercer halten deshalb weitere Reformschritte für nötig, damit das deutsche Rentensystem den anstehenden demografischen Herausforderungen standhalten kann. Dazu zählen unter anderem eine Anhebung der Mindestrenten im Niedriglohn-Segment, die Steigerung der Erwerbsquote älterer Arbeitnehmer, eine optimalere Kommunikation mit den Leistungsempfängern sowie eine stärkere Durchdringung in der bAV. Dies alles sind Punkte, die – teils seit längerem – auch auf der Agenda von Altersvorsorge-Experten hierzulande stehen.
So sehen Sieger aus
Dänemark konnte mit fast 80,5 Punkten trotz leichter Verschlechterung seinen Spitzenreiter-Titel aus dem Vorjahr behaupten. Mit auf dem Siegertreppchen der Altersvorsorge landeten die Niederlande (80,1) und Australien (77,9). Am unteren Ende der Skala steht mit dem niedrigsten Score Argentinien (37,7), das im Vorjahr noch nicht gelistet war. Asiens ehemals führende Industrienation Japan wird mit 43,2 Punkten als vorletzte Nation in unmittelbarer Nähe aufgeführt. In Anbetracht einer weiterhin vergreisenden Bevölkerung im Land der aufgehenden Sonne dürfte dies nach wie vor von besonderer Brisanz sein.
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