Wer profitiert vom Immobilienboom?
Der Immobilienboom in den zurückliegenden zehn Jahren hat Gewinner und Verlierer. Die Eigentümer verbuchten erhebliche Vermögensgewinne. Einkommensschwache Haushalte dagegen spüren den Mietendruck.
Die mit dem Boom verbundenen Auswirkungen auf die Vermögensverteilung berechneten die Bonner Wissenschaftler Moritz Schularick, Till Baldenius und Sebastian Kohl in ihrer Analyse mit dem Titel „Die neue Wohnungsfrage“.
Hervorstechendstes Ergebnis: Die reichsten zehn Prozent der Deutschen haben am stärksten vom Immobilienboom profitiert. Zwischen 2011 und 2018 wurde diese Bevölkerungsgruppe allein durch höhere Immobilienpreise inflationsbereinigt um knapp 1.500 Milliarden Euro reicher. Aber auch die Mittelschicht, also Haushalte zwischen dem 50. und 90. Perzentil in der Vermögensverteilung, verbuchten insgesamt Vermögensgewinne von gut 1.200 Milliarden Euro. Weitgehend leer dagegen ging die untere Hälfte in der deutschen Vermögensverteilung aus.
Diese erheblichen Unterschiede erklären sich aus dem sehr unterschiedlich verteilten Immobilienbesitz. Eine Hälfte der Bevölkerung besitzt so gut wie keine Immobilien. Wegen der niedrigen Eigentumsquote in dieser großen Bevölkerungsgruppe fallen auch nur vergleichsweise geringe Kapitalgewinne an. Für die Mittelschicht wiederum sind die Vermögensgewinne relativ bedeutender als für die oberen zehn Prozent, weil das Haushaltsvermögen im Portfolio der Mittelschicht einen größeren Anteil ausmacht.
Vermögensungleichheit wuchs weiter
Durch die Immobilienpreisentwicklung hat sich die Vermögensungleichheit weiter vergrößert. Das zeigt ein Vergleich der Entwicklung des 20. und 80. Percentils. „Allein durch die Preiseffekte des Booms ist das durchschnittliche Immobilienvermögen von Haushalten im 80. Percentil der Vermögensverteilung von durchshnittlich 210.000 Euro auf bis zu 335.000 Euro gestiegen“, stellen die Autoren in ihrer Analyse fest. Die Immobilienvermögen im unteren 20. Percentil stagnierten dagegen und betragen im Mittel weniger als 1.000 Euro.
Günstige Viertel verteuerten sich besonders stark
Haushalten ohne Immobilienbesitz und damit Mietern entging so aber nicht nur ein möglicher Vermögenszuwachs, sondern sie mussten auch mit einer ausgeprägten regionalen und sozialen Differenzierung bei der Mietentwicklung leben. So stiegen die Mieten in Stadtgebieten mit anfänglich niedrigen Preisen und geringem Einkommensniveau im Zehnjahreszeitraum von 2007 bis 2017 überproportional. War dagegen in einem Stadtviertel das ursprüngliche Mietniveau schon hoch, fiel die anschließende Steigerung in der Regel geringer aus, obgleich ein absolutes Wachstum dennoch stattfand.
40 Prozent des Einkommens für die Miete
Diesen Effekt beobachteten die Wissenschaftler vor allem in den Boomstädten. In vormals billigen Stadtvierteln ging der größte Teil des Mietenwachstums auf diesen „Aufholeffekt“ zurück. Diese Entwicklung lege nahe, dass in den unteren Einkommensgruppen ein besonders starker Mietpreisanstieg zu beobachten sein sollte, heißt es in der Analyse. Zum Beleg dafür führen sie die relativen Ausgaben an, die jeweils fürs Wohnen anfallen. Danach müssen die untersten 20 Prozent in der Einkommensverteilung derzeit etwa 40 Prozent ihres Einkommens für ihre Miete aufwenden. Anfang der 90er Jahre betrug dieser Anteil noch 25 Prozent.
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