Die Reichen besteuern, um das Geld auf die Ärmeren umzuverteilen? Dieser Gedanke geht bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht auf.
Vermögende Menschen müssen in Deutschland beim Vererben meist hohe Summen an Steuern bezahlen. Dieses Geld kann der Staat anschließend nutzen, um ärmere Bevölkerungsgruppen zu fördern – soweit zumindest die Idee der Erbschaftssteuer. In der Praxis jedoch zeigt sich, dass dieser Umverteilungseffekt gar nicht eintritt.
Doch das Erbrecht trifft nicht nur die Superreichen. Wer ein Haus mit Grundstück in guter Lage besitzt, erreicht schnell die abgabefreien Summen. Die Erben müssen in solchen Fällen nicht selten enorme Steuerbeträge zahlen, obwohl der Kontostand nicht höher ist wie vor der Erbschaft. Ein schneller Verkauf des Wohneigentums ist oft die Folge.
Die Reichen werden immer reicher – in diesem Fall nicht
Durch Erbschaften vergrößert sich die Vermögensungleichheit angeblich immer mehr. Reiche geben ihr riesiges Vermögen an die Kinder weiter, die dadurch wiederum reich sind. Diese weitverbreitete Annahme widerlegt die Studie jedoch. Die Erklärung: Die Vermögensmasse verschiebt sich von wenigen zu vielen. So erbt in der Regel zunächst der Ehepartner alles. Nach seinem Ableben aber splittet sich der Besitz zwischen mehreren Generationen auf und verlagert sich somit von einem Älteren zu mehreren Jüngeren wie Kinder, Enkel oder weiteren Verwandten. Die Erbschaft teilt sich auf und reduziert somit insgesamt sogar die Vermögenskonzentration. Gäbe es nur einen Superreichen in Deutschland und jeder in der Familie bekäme zwei Kinder, wäre das Vermögen bereits nach zehn Generationen auf über 1.000 Menschen verteilt.
Schöpft der Staat die Erbschaften durch eine Steuer ab, reduziert sich die Ungleichheit – auch dieser Annahme widersprechen die Studienautoren. Tatsächlich liegt das Niveau der Vermögensungleichheit in Deutschland trotz gestiegener Erbschaftsvolumina nicht höher als noch 2000. Die Bundesrepublik führte die Erbschaftssteuer übrigens bereits vor über hundert Jahren ein. Damals waren Ehegatten und Kinder noch komplett abgabefrei. Mittlerweile liegt der Steuersatz bei 17 bis 50 Prozent.