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    Demographie | 1.3.2021 Drucken

    Verwirrende Zahlen zur Corona-Sterblichkeit

    Die „Unstatistik“ im Monat Februar geht der Frage nach, ob die Mortalität in der Pandemie richtig gemessen wird.

    Leider trügen die zur Corona-Sterblichkeit publizierten Zahlen fast mehr zur Verwirrung als zur Aufklärung des Pandemiegeschehens bei. Das stellen die Verfasser der monatlichen statistischen Manöverkritik gleich zu Anfang fest.

    „Das Internetportal Statista etwa meldet am 23. Februar für Deutschland eine Mortalitätsrate von 3,02 Prozent. Das Deutsche Ärzteblatt dagegen konstatiert eine Rate von 1,4 Prozent und der bekannte Statistiker P.A. Ioannidis von der Stanford Universität beziffert die Corona-Mortalität gar ganz allgemein auf weniger als ein halbes Prozent“, fassen die Autoren um den Dortmunder Statistiker Prof. Dr. Walter Krämer einige unterschiedliche Angaben zusammen. Ein Teil dieser Konfusion liege in der Natur der Daten begründet. Zunächst gibt es bei Raten immer einen Zähler und einen Nenner. Im Falle der Corona-Pandemie seien beide Komponenten alles andere als einfach zu messen.

    So soll der Zähler eigentlich die an Corona und nicht die mit Corona verstorbenen Menschen zählen. Das ist zwar allgemein akzeptiert, aber nicht durchgehend umgesetzt. Nach Angaben des Spiegel zum Beispiel sind selbst bei hochbetagten Patienten rund sieben Prozent der mit Corona Verstorbenen an anderen Ursachen als an Corona verstorben. Trotzdem gehen auch sie in die Statistik der Corona-Todesfälle ein, so die Kritiker.

    Schwerer wiege, dass der Zähler der Mortalitätsrate, wie die Statistiker sagen, eine „Flussgröße“, der Nenner dagegen eine Bestandsgröße ist. Dies bringt gewisse technische Probleme mit sich. Die innerhalb eines bestimmten Zeitraums Verstorbenen geteilt durch eine bestimmte Anzahl Menschen an einem bestimmen Tag, so lautet die mathematische Operation. Da stellen sich gleich mehrere Fragen: Welcher Zeitraum? Welche Menschen? Welcher Tag? Alle Menschen eines Landes insgesamt, die mit dem Corona-Virus Infizierten oder die an Corona tatsächlich auch Erkrankten?

    Es gibt deutlich weniger Erkrankte als Infizierte

    Nur im ersten Fall spricht man streng genommen von Mortalität, andernfalls von Letalität, geben die Unstatistik-Verfasser zu bedenken. Das Auseinanderhalten der beiden letzten Gruppen sei dabei nicht einfach. Nur etwa jeder dritte von dem Corona-Virus befallene Mensch entwickelt auch einschlägige Symptome. Bei den anderen hält das körpereigene Immunsystem den Eindringling in Schach. Das Robert-Koch-Institut dagegen wertet alle labordiagnostischen Nachweise von SARS-CoV-2 unabhängig von klinischen Symptomen als COVID-19-Fälle. So gehen dann auch Unfallopfer oder Gebärende, die beim Betreten des Krankenhauses standardmäßig auf Corona getestet werden, auch ohne krank zu sein, in die Zahl der Corona-Kranken ein. Damit geben die RKI-Daten für keine der fallbasierten Definitionen des Zählers verlässliche Zahlen ab.

    Im letzten Fall unterscheide man noch zwischen dem „Fall-Verstorbenen-Anteil“ (Case Fatality Rate, CFR), die die Verstorbenen in Bezug setzt zu den bestätigten Fällen, und „Infizierten-Verstorbenen-Anteil“ (Infection Fatality Rate), die auch die Dunkelziffer der klinisch relevanten, aber nicht diagnostizierten Fälle berücksichtigt. „Im Medienalltag werden diese unterschiedlichen Berechnungsweisen jedoch oft in einen Topf geworfen, mit deutlichen Konsequenzen. Teilt man etwa im Extremfall die Zahl der Verstorbenen statt durch die Zahl der gemeldeten Erkrankten durch die Zahl der Infizierten, ob gemeldet oder nicht, sinkt die Mortalitätsrate auf ein Drittel des Wertes“, heißt es in der Mitteilung zur Unstatistik des Monats.

    Mortalitätsrate hängt auch von erfasster Zeitspanne ab

    Bei der Zahl der Verstorbenen komme es ferner auf die Zeitspanne an, über die man die Verstorbenen zählt: ein Tag, eine Woche, ein Monat, der komplette Zeitraum seit Beginn der Pandemie? Je nach Auswahl kommen sehr unterschiedliche Raten zustande. Selbst wenn man sich bei Zähler und Nenner auf eine einheitliche Vorgangsweise verständigen könnte, bliebe immer noch eine unterschiedliche Bevölkerungsstruktur, die etwa einen sinnvollen Vergleich über Länder hinweg sehr erschwert. So sind etwa US-Amerikaner im Durchschnitt sechs Jahre jünger als Deutsche, mit einem Anteil an Über-80-Jährigen von knapp vier Prozent, verglichen mit fast sechs Prozent in der Bundesrepublik. Aber vor allem in dieser Altersklasse stellt Corona eine große Bedrohung dar. Mit dieser Information im Hinterkopf ist daher die von Statista gemeldete US-Mortalitätsrate von nur 1,77 Prozent verglichen mit den bundesdeutschen 3,02 Prozent nochmals positiver zu bewerten.

    Für sinnvolle Vergleiche über Raum und Zeit hinweg braucht man also eine Standard-Altersstruktur. So kommen die Autoren der Unstatistik zu folgendem Rat. Auf nationaler Ebene auf die absoluten Todeszahlen achten und darauf, wie die Corona-Todesfälle definiert  sind. Internationale Vergleiche sollten eher als interessante Zahlenspielereien denn als seriöse Statistiken verstanden werden.


    Mit der „Unstatistik des Monats“ hinterfragen der Berliner Psychologe Gerd Gigerenzer, der Dortmunder Statistiker Walter Krämer, die STAT-UP-Gründerin Katharina Schüller und RWI-Vizepräsident Thomas K. Bauer jeden Monat sowohl jüngst publizierte Zahlen als auch deren Interpretationen. Mehr „Unstatistiken“ unter www.unstatistik.de

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