Reparaturkonzept für Verpuffungseffekt
Für die Altersversorgung im Öffentlichen Dienst änderten sich ab dem 1. Januar 2008 die steuerlichen Rahmenbedingungen, als mit dem Paragraf 3 Nr. 56 in das Einkommensteuergesetz ein neuer Freibetrag eingeführt wurde.
Auf den ersten Blick erscheint die steuerliche Neuregelung als zweifelsfreier Vorteil. Doch mit ihr geht ein Verpuffungseffekt für die Entgeltumwandlung einher, der letztlich einen Trend zur rückgedeckten Unterstützungskasse bewirkt. Das hat Thomas Wolf in einer Untersuchung für seine Abschlussarbeit im Studium zum bAV-Betriebswirt (FH) an der Fachhochschule Koblenz näher beleuchtet.
Risiko einer Falschberatung droht
Nachdem im Öffentlichen Dienst im Jahr 2003 die Entgeltumwandlung tarifvertraglich eingeführt worden war, haben sich so wie auch in den meisten Bereichen der Wirtschaft vor allem die Durchführungswege Direktversicherung und Pensionskasse für die Wandlung von Gehaltsbestandteilen etabliert. „Doch seit 2008 gibt es guten Grund, in der Beratung für Entgeltumwandlungen die rückgedeckte Unterstützungskasse vorzuschlagen“, erklärt bAV-Betriebswirt Thomas Wolf. Anderenfalls riskiere der Berater den Vorwurf der Falschberatung beziehungsweise der Arbeitgeber eine Verletzung seiner Fürsorgepflichten. „Schuld“ daran hat der Paragraf 3 Nr. 56 Einkommensteuergesetz. Mit ihm wurde ein neuer Freibetrag eingeführt, der die Arbeitgeberumlage bei der Versorgung im Öffentlichen Dienst stufenweise bis zum Jahr 2025 – maximal in Höhe von vier Prozent der Beitragsbemessungsgrenze – steuerfrei stellt.
Förderung löst sich in Luft auf
Die Schattenseite dieser Regelung: „Auf diesen Freibetrag werden alle vom gleichen Arbeitgeber nach Paragraf 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz steuerfrei geleisteten Zahlungen angerechnet“, stellt Thomas Wolf klar. Das trifft sowohl für entsprechende von der Zusatzversorgungseinrichtung erhobene Zusatzbeiträge als auch für Beiträge im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung zu und gilt gleichermaßen für Entgeltumwandlungen wie für rein arbeitgeberfinanzierte Versorgungen. „Wird die Entgeltumwandlung nun über eine Direktversicherung oder Pensionskasse vorgenommen, fällt die Förderung nach Paragraf 3 Nr. 56 Einkommensteuergesetz ganz oder teilweise weg. Dadurch entstehen je nach Fallkonstellation für den Arbeitnehmer, den Arbeitgeber oder für beide steuerliche Nachteile“, warnt Thomas Wolf. Er hat es für verschiedene Beispiele durchgerechnet. Ergebnis: Über die Jahre summieren sich erhebliche Beträge verlorener Förderung, wenn in der Beratung keine Alternativen aufgezeigt werden.
Bei einer Entgeltumwandlung von beispielsweise 600 Euro im Jahr bleiben von der Förderung des Paragrafen 3 Nr. 56 nur noch 69 Prozent übrig. Wird die Grenze der maximalen steuerlich geförderten Entgeltumwandlung ausgereizt, das sind im Jahr 2012 2.688 Euro, dann löst sich die Förderung komplett in Luft auf. „Wenn der Berater den Arbeitgeber nicht auf eine günstigere Lösung aufmerksam macht, gehen über 20 Jahre gerechnet 38.304 Euro steuerliches Fördervolumen verloren“, fasst Thomas Wolf zusammen. Der Umstieg auf eine rückgedeckte Unterstützungskasse löst das Dilemma auf. Bei der U-Kasse entsteht kein lohnsteuerpflichtiger Zufluss, daher ist auch keine Steuerbefreiung der Beitragszahlung erforderlich. Der Paragraf 3 Nr. 63 Einkommensteuergesetz wird nicht in Anspruch genommen, ergo erfolgt auch keine Verrechnung mit dem Steuervorteil aus Paragraf 3 Nr. 56. Die Verpuffung entfällt.
U-Kasse mit Eigenheiten
Beim Einsatz einer U-Kasse muss jedoch auf einige Besonderheiten geachtet werden, so verlangt das Einkommensteuergesetz grundsätzlich gleichbleibende oder steigende Beiträge. Nach Erfahrung von Thomas Wolf spielt die Option flexibler Beitragszahlungen in der Praxis aber eher eine untergeordnete Rolle, zumal eine gewisse Stetigkeit ohnehin dem Gedanken des systematischen Aufbaus einer kapitalgedeckten Altersversorgung Rechnung trage. Überdies könne eine Reduktion oder Einstellung der Beitragszahlung bei einer rückgedeckten U-Kasse ohne steuerliche Nachteile vorgenommen werden, wenn die Reduktion auf einer Änderung der Versorgungszusage beruht und anschließend wieder gleichbleibende oder steigende Beiträge fließen. „Bei der Entgeltumwandlung ist nach Meinung der Finanzverwaltung noch nicht einmal die Angabe eines Grundes erforderlich. Es genügt die Änderung der Entgeltumwandlungsvereinbarung“, fügt Thomas Wolf hinzu.
Gleichwertige Alternative
Allerdings gebe es Einschränkungen bei der Zusageform. Anders als bei Direktversicherung und Pensionskasse ist keine Beitragszusage mit Mindestleistung erlaubt. Der Arbeitgeber muss daher de jure und de facto eine beitragsorientierte Leistungszusage aussprechen. Außerdem ist die Portabilität beim vorzeitigen Ausscheiden des Arbeitnehmers im Vergleich zu diesen beiden Durchführungswegen geringer, weil zum Beispiel das versicherungsvertragliche Verfahren nicht erlaubt ist. Darüber hinaus fallen Zusatzkosten für die Verwaltung der U-Kasse an. Dennoch gelangt Thomas Wolf in seiner Untersuchung zum Schluss, dass die rückgedeckte Unterstützungskasse im Öffentlichen Dienst eine fast gleichwertige Alternative für die üblicherweise genutzte Pensionskasse und Direktversicherung darstellt.
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