Opting-out: Mehr Macht den Räten
Vereinbarungen zur automatischen Entgeltumwandlung sollten auch auf betrieblicher Ebene möglich sein. Diese Forderung gehört zu einem Katalog mit Vorschlägen der Arbeitgeber zur Nachbesserung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, der auf dem 4. Berliner bAV-Auftakt erläutert wurde.
„Wer Modelle automatischer Entgeltumwandlung befördern will, darf sie nicht vom Vorliegen eines Tarifvertrages und von gesetzlichen Inhaltsvorgaben abhängig machen“, erklärte Alexander Gunkel von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände auf dem jährlichen Expertentreffen, das von Prof. Dr. Mathias Ulbrich, der an der Hochschule Schmalkalden an der Fakultät für Wirtschaftsrecht lehrt, organisiert wird.
Einen solchen erleichterten Zugang wünschen sich die Arbeitgeberverbände auch zur reinen Beitragszusage. Machen wir es doch wie in Österreich, empfahl Gunkel. Dort gibt es die reine Beitragszusage ohne Tarifvertragserfordernis. So könnten auch Betriebsräte über die Einführung von reinen Beitragszusagen oder Opting-out-Modellen für die Entgeltumwandlung mit entscheiden. Dieser Vorschlag wurde bereits während der Erarbeitung des Betriebsrentenstärkungsgesetzes, unter anderem vom Deutschen Institut für Altersvorsorge, vorgetragen.
Wenn die Einführung der reinen Beitragszusage schon unter einen Tarifvorbehalt gestellt ist, dann solle es den Tarifvertragsparteien vorbehalten bleiben, welche Regelungen sie dafür treffen, fügte Gunkel hinzu. Sowohl Arbeitgeber als auch Gewerkschaften stoßen sich ein wenig an den Vorgaben, die im Betriebsrentenstärkungsgesetz zur Mitwirkung an Modellen der reinen Beitragszusage stehen. Sie sind obendrein noch unscharf formuliert. So entzündete sich auf dem Berliner bAV-Auftakt zum Beispiel eine Diskussion daran, wie weit die Mitarbeit der Tarifvertragsparteien bei der Formulierung der Kapitalanlagestrategie in Sozialpartnermodellen gehen kann und gehen darf.
Realitätsferner Rechnungszins
Der Katalog der Arbeitgeberwünsche, den Alexander Gunkel erläuterte, reichte aber weit über das Betriebsrentenstärkungsgesetz hinaus. Nach wie vor steht auf der Agenda der Arbeitgeber der steuerliche Rechnungszins zur Berechnung von Pensionsrückstellungen nach Paragraf 6a Einkommenssteuergesetz. Der Gesetzgeber müsse ihn dringend an den handelsrechtlichen Zinssatz anpassen. Dieser Rechnungszins stammt aus einer längst vergangenen Zinswelt und ist inzwischen realitätsfern hoch.
„Im Ergebnis führt die heutige steuerliche Bewertung teilweise dazu, dass Unternehmen nur rund die Hälfte ihres Aufwandes für die betriebliche Altersversorgung steuerlich geltend machen können“, erläuterte Gunkel. Derzeit warten alle auf das Bundesverfassungsgericht, auch der Gesetzgeber, fügte er hinzu. Dort ist ein Verfahren zum steuerlichen Rechnungszins anhängig. Der Gesetzgeber benutze das Gericht durch seine abwartende Haltung als „Beratungsdienstleister“, rügte der Arbeitgebervertreter.
Direktzusage in Geringverdienerförderung einbeziehen
Weitere Vorschläge der BDA für die betriebliche Altersversorgung: Die Geringverdienerförderung sollte bei allen Betriebsrentenzusagen gelten. Die Direktzusage, die in einem erheblichen Umfang von deutschen Unternehmen genutzt wird, bleibt bislang davon ausgeschlossen. Außerdem müsse die Riester-Grundzulage auf 200 Euro ansteigen. „Durch die Lohn- und Gehaltsentwicklung muss ein Arbeitnehmer heute für die gleich hohe Zulage einen immer größeren Teil seines Verdienstes aufwenden“, begründete Gunkel diese Forderung.
Mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz erfolgte für die Riester-Rente bereits eine Verbesserung: Den doppelten Beitrag zur Sozialversicherung – bei der Riester-Rente fiel bislang sowohl auf Einzahlungen als auch auf die spätere Rente der Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrag an – gibt es nicht mehr. Von der Rente müssen nun keine SV-Beiträge mehr abgeführt werden. Das erhöht die Akzeptanz für die betriebliche Form des Riester-Sparens, das bislang wegen dieser Benachteiligung keine nennenswerte Rolle gespielt hat.
Weitere Verbesserungen bei der Riester-Rente
Für die Riester-Rente wünschen sich die Arbeitgeber noch eine weitere Verbesserung. So soll der Rahmen, Beiträge zur Riester-Rente als Sonderausgaben in der Steuererklärung zu deklarieren, angehoben werden. Er beträgt seit Einführung der Riester-Rente unverändert 2.100 Euro. Gunkel schlug auf dem Berliner bAV-Auftakt eine Anhebung auf mindestens 3.216 Euro vor. Das sind dann wieder vier Prozent der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung. Diese Größenordnung galt bei Einführung. Mit der jährlichen Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze hat sich die steuerliche Förderung von dieser Marke inzwischen aber weit entfernt.
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