Betriebsrenten wachsen noch unzureichend
Die Verbreitung der betrieblichen Altersversorgung nimmt zu. Das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) zeigt inzwischen klare Effekte. Aber die Entwicklung der Betriebsrenten ist nach wie vor unzureichend.
Zu dieser Einschätzung gelangte Heribert Karch, Vorsitzender der aba Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung heute vor 700 Betriebsrentenexperten anlässlich der 81. aba-Jahrestagung in Bonn.
Nach einer sehr zähen Entwicklung mit zusammen nur 500.000 Zusagen in den Jahren 2015 bis 2017 melden seit Inkrafttreten des BRSG zum 1. Januar 2018 allein die Direktversicherungen ein Plus von acht Prozent, darunter Tausende von neuen Zusagen für Geringverdiener. „So sehr wir uns über jeden Zuwachs freuen, so ernüchtert müssen wir abermals feststellen, dass dieser Trend gemessen an der gesellschaftlichen Herausforderung völlig unzureichend ist“, stellte Karch dazu fest.
Bei einem Verbreitungsgrad von nunmehr 56 Prozent sei Deutschland Lichtjahre davon entfernt, bis zum Ende dieses großen Reformprozesses 2030 die notwendige Verbreitung der bAV zu erreichen. „Bis dahin wären mit den bisherigen Strategien maximal etwa 60 bis 70 Prozent Verbreitung machbar, das wären ca. 30 Prozentpunkte Aufwuchs in 30 Jahren, andere entwickelte Länder könnten über uns nur noch den Kopf schütteln“, gab Karch zu bedenken.
Jeder Tarifvertrag löst einen Schub aus
Die Chance einen nachhaltigen Wandel zu erzielen, läge insbesondere in möglichst vielen Tarifverträgen. Jeder Tarifvertrag, der eine verbindliche bAV einführt, löst damit schubweises Wachstum aus. „Je mehr Tarifverträge zur bAV wir bekommen, desto mehr Nachahmer werden sich finden“, prognostizierte Heribert Karch.
Allerdings müssen jetzt, gerade im Interesse der Bezieher niedriger Einkommen, zentrale Fehlanreize, unter anderem die Doppelverbeitragung und die Vollverbeitragung von Betriebsrenten, beseitigt werden. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbände, der weit überwiegende Teil der Politik und die bAV-Praxis fordern das, ein entsprechender Gesetzentwurf des Gesundheitsministers liegt vor, im Bundesrat wird die Initiative unterstützt und die Krankenkassen haben beste Reserven. „Alle wollen es, nur die Bundeskanzlerin wohl noch nicht, soll damit Richtlinienkompetenz gemeint sein?“ fragte Karch ironisch.
Absage an die Extra-Rente
Eine Absage erteilte Karch dem Vorschlag zur Einführung einer sogenannten „Extrarente“ als verpflichtende, arbeitgebergestützte Privatvorsorge mit Opt-Out-Option. „Niedrige Kosten sind kein Alleinstellungsmerkmal der Extrarente, das kann auch eine kollektiv organisierte bAV. Aber einen Finanzierungskompromiss herbeiführen, wie etwa die Tarifparteien, das kann sie nicht. Deshalb kann sie ebenso wenig wie andere ähnliche Modelle diejenigen erreichen, die es am nötigsten bräuchten. Wir brauchen einen Deal mit sozialem Inhalt anstatt immer neuer Förmchen!“, kritisierte Karch.
„Die zügige Einführung einer digitalen Altersvorsorgeinformation, ist sehr zu begrüßen“, erklärte Karch in seinem Bericht zur Lage der bAV. Wichtig sei, dass die Versorgungseinrichtungen das zuliefern können, was sie schon heute, gesetzlich geregelt, den Anwärtern zur Verfügung stellen müssen. Nur so bleibe der Zusatzaufwand niedrig.
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