Weniger Arbeitskräfte durch Corona
Unternehmen schreiben während der Pandemie weniger Stellen aus. Die Folge: Potenzielle Arbeitskräfte ziehen sich teilweise komplett vom Arbeitsmarkt zurück. Noch gravierender aber sind die vielen Frühverrentungen.
Durch Corona ist es zur Zeit bedeutend schwieriger, einen Job zu bekommen oder den bisherigen zu behalten. Bis zur Rente sind es meist noch ein paar Jahre. „Dann verabschiede ich mich halt ein bisschen früher in den Ruhestand.“ So denken momentan viele Deutsche. Doch durch die steigende Zahl an Frühverrentungen fehlen langfristig Arbeitskräfte.
Auf diese Problematik macht eine aktuelle Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit aufmerksam. Demnach haben sich fast eine halbe Million Arbeitskräfte infolge von Corona aus dem Arbeitsmarkt zurückgezogen. Ohne die Pandemie wäre die Erwerbsbeteiligung hingegen gestiegen. Zwischen März bis Juni dieses Jahres lag die Prognose bei einem Plus von rund 50.000 Erwerbspersonen. Statt dem Anstieg sank die Zahl nun um 410.000. Diese Entwicklung hat mehrere Gründe. So stellten aufgrund der unsicheren Wirtschaftsaussichten viele Firmen weniger oder gar kein Personal ein. Hinzu kommt noch ein rechtliches Problem. Wer seine Arbeitnehmer in Kurzarbeit schickt, darf von Gesetzes wegen keine neuen Mitarbeiter beschäftigen. Kurzarbeiter fließen in die Statistik jedoch als Erwerbstätige ein, auch wenn die Kurzarbeit bei 100 Prozent liegt und sie somit gar nicht arbeiten.
Minijobber trifft es am härtesten
Arbeitslose haben es besonders schwer. Für sie scheint es nahezu unmöglich, eine neue Stelle zu finden, da nur sehr wenige Firmen neue Mitarbeiter suchen. Diejenigen, die ihre Jobsuche während der Pandemie einstellten, waren überwiegend geringfügig beschäftigt. So sank ihre Zahl im Mai um 8,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Besonders gravierend dabei: Minijobber haben keine Ansprüche auf Arbeitslosenunterstützung oder Kurzarbeitergeld. Für sie bedeutet die Joblosigkeit also einen kompletten Einkommensverlust. Von den ausschließlich geringfügig Beschäftigten gibt allerdings jeder zweite an, auf diesen Verdienst angewiesen zu sein.
Neben den Schwierigkeiten, einen Job zu bekommen, ist auch die Kinderbetreuung und das Homeschooling eine Ursache für den Arbeitskräfteverlust. Wenn wegen der Schulschließungen ein Elternteil zu Hause bleibt, ist das eher die minijobbende Ehefrau anstatt der hauptverdienende Vater. Zu bedenken ist dabei aber, dass sich dieser Arbeitskräfterückgang nach der Pandemie voraussichtlich wieder erholen wird.
Frührentner gehen dem Arbeitsmarkt auf Dauer verloren
Anders verhält es sich hingegen bei der steigenden Anzahl von Frührentnern. Angesichts der Arbeitsmarktkrise entscheiden sich ältere Beschäftigte, noch früher in den Ruhestand zu gehen, als ursprünglich geplant, auch wenn sie nur mit Abschlägen rentenberechtigt sind. Das Risiko, an Corona zu erkranken, begünstigt diese Entscheidung oft noch. Die vorzeitigen Verrentungen schädigen das Erwerbspotenzial allerdings auch nach der Pandemie maßgeblich. Einmal in Rente, kehren diese Menschen in der Regel nicht wieder auf den Arbeitsmarkt zurück. Mit Hinblick auf den demografischen Wandel ist diese Entwicklung besonders dramatisch.
Nachricht an die Redaktion
Senden Sie Hinweise, Lob oder Tadel zu diesem Artikel an die DIA Redaktion.
Ausgewählte Artikel zum Thema
Im Home-Office leidet die Konzentration
Viele Beschäftigte nehmen ihren Job während der Corona-Krise als weniger effizient wahr. Besonders Eltern fällt es deutlich schwerer, sich auf die Arbeit im Home-Office zu konzentrieren. Doch auch Beschäftigte ohne Kinder nehmen die Arbeit während der Pandemie weniger effizient wahr als zuvor. Von den Beschäftigten ohne Betreuungsaufgaben stimmen dieser Aussage ein Drittel der Männer und ein Viertel der Frauen zu.
Artikel lesenWer ist wie stark von Kurzarbeit betroffen?
Im Mai waren rund 20 Prozent der Beschäftigten in Deutschland in Kurzarbeit. Dabei fielen im Durchschnitt bei den Betroffenen 58 Prozent der Arbeitszeit aus. Für knapp die Hälfte der Kurzarbeiter stockte der Arbeitgeber durch eigene Zahlungen das Kurzarbeitergeld auf. Diese Fakten lieferte eine Befragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), die monatlich stattfindet und […]
Artikel lesenBremst Corona die Lebenserwartung aus?
Wohl noch nie in Friedenszeiten waren Sterbefallstatistiken und damit verbunden die Lebenserwartung politisch so brisant wie in der Corona-Krise. Darauf macht das Institut für Demografie, Allgemeinwohl und Familie e. V. (iDAF) aufmerksam, das regelmäßig zu aktuellen Entwicklungen Stellung bezieht. In einem Beitrag weist das Institut auf die Schlüsselrolle hin, die Sterbefallstatistiken für die Beurteilung der […]
Artikel lesen